Paracetamol im Alter

Paracetamol (z.B. Dafalgan®, viele andere Namen) wird sehr häufig zur Behandlung akuter oder chronischer Schmerzen eingesetzt. Das Medikament ist «nach Fachberatung» ohne ärztliches Rezept in Apotheken und auch in Drogerien erhältlich und wird weltweit in sehr grossen Mengen konsumiert. Vor einigen Monaten ist im britischen «Drug and Therapeutics Bulletin» ein Text zur Frage der Paracetamol-Dosierung bei älteren Leuten erschienen (1).  Dieser und weitere Arbeiten zu der Anwendung von Paracetamol im Alter dienten als Basis für die folgende Zusammenfassung. 

Wie gut wirkt Paracetamol?

Paracetamol hat bei Kopfschmerzen, Zahnschmerzen sowie bei Schmerzen, die von Erkältungskrankheiten oder kleinen Verletzungen verursacht sind, eine dokumentierte schmerzlindernde Wirkung. Es kann auch bei Schmerzen im Zusammenhang mit der Menstruation oder nach einer Zahnextraktion helfen. Das Mittel wirkt fiebersenkend.Die analgetische Wirksamkeit von Paracetamol darf allerdings nicht überschätzt werden. So hat es z.B. bei Spannungskopfschmerzen gemäss einer Cochrane-Analyse nur bei einer von fünf behandelten Personen eine gute Wirkung (2). Gerade auch bei Schmerzen im Bereich des Bewegungsapparates (Arthrosen, Rückenschmerzen), die bei älteren Patientinnen und Patienten meistens im Vordergrund stehen, ist es gemäss grossen Meta-Analysen nicht sicher wirksamer als ein Placebo (3,4). Eine gute Placebowirkung ist jedoch nicht belanglos. Deshalb und wegen der vergleichsweise guten Verträglichkeit wird Paracetamol häufig auch älteren Menschen mit Gelenk- oder Rückenschmerzen verschrieben.

Wie verträglich ist Paracetamol?

Allgemein wird angenommen, Paracetamol in üblichen therpeutischen Dosen sei weitgehend frei von unerwünschten Wirkungen. Bekannt ist die Hepatotoxizität hoher und sehr hoher Dosen. Allerdings kann bei Risikopersonen (siehe Tabelle 1) bereits eine Dosis von 5 g zu Leberschäden führen. Zudem liegen Berichte zu Einzelfällen vor, bei denen «übliche» Paracetamol-Dosen zu einem Leberversagen geführt haben. Bei Personen mit Arthrosen oder Rückenschmerzen sind die Resultate der Leberfunktionstests unter Paracetamol fast viermal häufiger deutlich erhöht als unter Placebo (3).

Bei einer akuten Überdosierung kann es selten auch zu Nierenschäden, insbesondere zu einer tubulären Nekrose kommen.

Auch andere Probleme unter üblichen therapeutischen Dosen sind dokumentiert, insbesondere bei langfristiger Anwendung. Gemäss einer Übersicht, in der acht Kohortenstudien bei überwiegend jüngeren Personen zusammengefasst sind, ist eine Häufung von kardiovaskulären Problemen (Blutdruckanstieg, Infarkte), eine Verschlechterung der Nierenfunktion sowie gastrointestinale Nebenwirkungen möglich (5). Nach einer weiteren Arbeit verursacht Paracetamol bei der Behandlung von Arthrosen zwar unerwünschte Wirkungen, wird jedoch als besser verträglich als nicht-steroidale Antirheumatika bezeichnet. Dabei wird jedoch unterstrichen, dass zu Personen über 65 nur spärlich Informationen verfügbar seien (6).

Als unerwünschte Wirkungen einer langfristigen Paracetamol-Verabreichung sind namentlich gastrointestinale Blutungen und ein mässiger Anstieg des Blutdrucks dokumentiert (7). Die Verabreichung zusammen mit Salizylaten erhöht wahrscheinlich langfristig das nephrotoxische Risiko. Für andere Langzeit-Nebenwirkungen sind die vorhandenen Daten nicht konklusiv.

Generell sind Informationen zu unerwünschten Wirkungen für ältere Leute nicht gut dokumentiert. Gemäss einer entsprechenden Übersicht wurde die Verträglichkeit nur gerade in 7 von 27 Studien, die Informationen zu älteren Individuen enthalten, genauer untersucht (8).

In einer Arbeit wurde das Risiko eines akuten Koronarsyndroms unter Paracetamol untersucht. Gesamthaft fand sich dieses Risiko bei Personen, die auch niedrigdosierte Acetylsalicylsäure (Aspirin Cardio® u.a.) einnahmen, nicht erhöht. Mit dem Alter schien das Risiko jedoch anzusteigen (9).

Gemäss einer Übersichtsarbeit können Paracetamol-Tagesdosen von 2 oder mehr g mit Vitamin-K-Antagonisten zusammen zu einem unerwünschten Anstieg der INR-Werte führen (10).

Welche Dosis für ältere Menschen?

Mehrere Studien lassen darauf schliessen, dass die Paracetamol-Clearance mit zunehmendem Alter abnimmt, ältere Patientinnen und Patienten also höheren Plasmaspiegeln ausgesetzt sind (1,8). Dies trifft offenbar besonders bei eher untergewichtigen und gebrechlichen Personen zu. Das Prinzip, im höheren Alter mindestens primär mit niedrigen Dosen zu behandeln, gilt deshalb auch für Paracetamol. In Anbetracht der wahrscheinlich bedeutsamen Placebo-Wirkung der Tabletteneinnahme empfiehlt sich daher, eher 500-mg-Tabletten als 1-g-Tabletten zu verschreiben. So ist eine wiederholte Einnahme während des Tages weniger riskant. Obwohl in der offiziellen Information auch im Alter keine Beschränkung der Tagesdosis empfohlen wird, ist es auch vorzuziehen, die Tagesdosis auf 3 g zu limitieren.  

Ergänzt von Etzel Gysling

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Paracetamol im Alter (1. April 2020)
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