Probleme der Phytotherapie

Über viele Jahrhunderte beruhte die Pharmakotherapie zu einem bedeutsamen Teil auf pflanzlichen Wirkstoffen und solche stellen noch heute in vielen Ländern ein wichtiges Element der Therapie dar. Auch bei uns finden sich fast in allen Fachgebieten anerkannte Arzneimittel, die einen botanischen Ursprung haben. Der Begriff «Phytotherapeutikum» ist deshalb nicht ganz einfach festzulegen. Oft werden heute Gemische von pflanzlichen Wirkstoffen als Phytotherapeutika bezeichnet. Im Rahmen einer «rationalen Phytotherapie» handelt es sich dabei um sogen. standardisierte Extrakte.1 Daneben werden aber auch nicht-standardisierte Präparate und solche, die neben pflanzlichen noch weitere Bestandteile enthalten, als Phytotherapeutika bezeichnet.

Wie bei anderen Medikamenten sollte sich die Diskussion über Phytotherapeutika nicht auf theoretische Überlegungen konzentrieren, sondern ganz konkret darnach fragen, welcher Nutzen und welche Risiken für kranke Menschen damit verbunden sind. Phytotherapeutika sind nicht grundsätzlich frei von unerwünschten Wirkungen, sondern besitzen häufig eine dosisabhängige Toxizität. Einleuchtende Gründe, weshalb die Wirksamkeit und Sicherheit dieser Arzneimittel nicht nach naturwissenschaftlich einwandfreien Methoden beurteilt werden sollten, sind nicht vorhanden.

Tatsächlich liegen jedoch für die grosse Mehrzahl der Phytotherapeutika weder ein überzeugender Wirkungsnachweis noch eine genügende Dokumentation der Sicherheit vor. Für diese Tatsache gibt es eine Reihe von Gründen, von denen einige in den Tabellen 1 und 2 zusammengestellt sind.2,3 Von besonderer Bedeutung ist der Mangel an methodologisch guten Studien. In diesem Zusammenhang wirkt sich das Fehlen einer adäquaten Kontrolle in den USA, wo viele Phytotherapeutika als mehr oder weniger unkontrollierte «dietary supplements» verkauft werden können, ungünstig aus.

Meistens kann auf Grund der vorhandenen Untersuchungen eine günstige Wirkung eines Phytotherapeutikums nur vermutet (oder mindestens nicht abgelehnt) werden. Dies ist selbst dann eine unbefriedigende Situation, wenn es lediglich um die Beeinflussung von sogenannten Befindlichkeitsstörungen geht. Nicht selten verursachen solche Behandlungen beträchtliche Kosten für die Betroffenen selbst; ihre Interessen sind nur dann wirklich geschützt, wenn ein genügender Wirkungsnachweis vorliegt. Verhängnisvoller sind jedoch die oft sehr vollmundigen und weit gehenden Versprechungen echter Heilung durch pflanzliche Präparate z.B. bei Krebskranken, die in ihrer Verzweiflung und Angst geneigt sind, solchen Anpreisungen nur allzu schnell Glauben zu schenken.

Im folgenden Text wird diese Problematik anhand einiger wichtiger Beispiele von Phytotherapeutika ausführlicher illustriert.

Mistelpräparate

Mistelpräparate gehören im deutschsprachigen Raum zu den von Krebskranken am häufigsten verwendeten Medikamenten. In der Schweiz sind einzig die verschiedenen Iscador®- Präparate erhältlich. Es handelt sich um einen fermentierten wässerigen Extrakt aus Misteln, die auf verschiedenen Wirtbäumen gewachsen sind, mit einem Zusatz von Kupfer, Quecksilber oder Silber. In Deutschland sind ausserdem zwei auf Mistellektin I standardisierte Präparate im Handel.

Die Misteltherapie geht auf Rudolf Steiner, den Begründer der anthroposophischen Bewegung, zurück. Von den verschiedenen Inhaltsstoffen des Mistelpresssaftes kommt wahrscheinlich am ehesten den Mistellektinen Bedeutung in der Tumortherapie zu. Insbesondere das Mistellektin I besitzt zytostatische und immunmodulatorische Wirkungen.

Obwohl Iscador® seit Jahrzehnten verwendet wird und auch zahlreiche Publikationen dazu (und zu anderen Mistelpräparaten)
vorhanden sind, steht ein überzeugender Nachweis der klinischen Wirksamkeit dieses Präparates auch heute noch aus. Das amerikanische «National Cancer Institute» hat die vorhandenen Arbeiten ausführlich analysiert.(4) Diese Analyse stellt fest, dass Mistelextrakte gemäss mehreren Berichten die Lebensdauer und/oder die Lebensqualität von Krebskranken verbessern soll. Praktisch alle Studien wiesen jedoch bedeutsame methodologische Schwächen auf, so dass Resultate kaum zuverlässig seien. Die amerikanischen Fachleute kommen zum Schluss, methodologisch gute Studien mit Mistelextrakten seien wünschenswert. Ausserhalb
solcher Studien könnte jedoch die Verabreichung von Mistelextrakten nicht empfohlen werden.

Als Beispiel für die fragwürdige Qualität der zur Zeit verfügbaren
Studien mag die in letzter Zeit von der Iscador®- Herstellerfirma wiederholt in ihrer Werbung erwähnte «beweisende» Studie dienen. In dieser Studie sei unter anderem die Überlebensdauer von Frauen mit Brustkrebs unter Iscador ® doppelt so lang gewesen wie bei Kontrollen.(5) Diese Aussage beruht auf einem Studienteil, in welchem 17 bezüglich Alter und Tumorstadium «passende Paare» («matched pairs») von Frauen gebildet wurden. Die eine Frau eines Paares erhielt Iscador®, die andere diente als Kontrolle (keine randomisierte Studie im üblichen Sinn). Es ist unklar, ob bezüglich Iscador® ein eigentliches Studienprotokoll vorhanden war; ebenso unklar ist, welches Iscador®-Präparat in welcher Dosis verabreicht wurde. Zudem lässt sich nicht nachvollziehen, wie die Auswahl der «matched pairs» erfolgte und weshalb nicht mehr solcher Paare gebildet wurden.(2) Andere Teile dieser Publikation sind mit ähnlich offensichtlichen Mängeln behaftet.
Demgegenüber stehen einige neuere Studien mit Mistelextrakten, die keinen Nutzen zeigen konnten, z.B. eine randomisierte Studie bei 477 Personen mit einem Spinalzellkarzinom im Kopf- oder Halsbereich, in der das Mistelpräparat weder einen Überlebensvorteil noch eine verbesserte Lebensqualität ergab.(6) Zu der Annahme, Mistelpräparate könnten dazu beihelfen, dass eine Chemotherapie besser vertragen wird, liegen keine Studien vor.

Obwohl die Mistel zu den giftigen Pflanzen gerechnet wird, scheinen die kommerziell erhältlichen Präparate kaum schwerwiegende Nebenwirkungen zu verursachen. Es liegen allerdings Untersuchungen vor, die eine tumorstimulierende Wirkung von Mistelextrakten möglich erscheinen lassen.(7) Gemäss vorläufigen Resultaten einer grösseren Studie, in der Personen mit einem Melanom unter anderem auch mit Iscador® behandelt wurden, fanden sich unter dem Mistelpräparat verschiedene ungünstige Auswirkungen.(8) Es sind auch anaphylaktische Reaktionen nach der Injektion von Mistelpräparaten beobachtet worden.

Die Wirksamkeit von Mistelextrakten bei Krebskranken ist bisher nicht nachgewiesen. Sorgfältig konzipierte und adäquat ausgewertete prospektive Studien sollten dazu mehr Klarheit bringen. Sofern nicht medizinisch indizierte Behandlungen vernachlässigt werden, wird zwar mit Mistelpräparaten wohl nicht viel Unheil angerichtet. Diese Präparate eignen sich aber z.B. eindeutig nicht als Ersatz für eine indizierte endokrine und/oder zytostatische Adjuvansbehandlung beim primären Mammakarzinom.

Ukrain

Ukrain ist ein Extrakt aus dem grossen Schöllkraut (Chelidonium maius) in chemischer Verbindung mit dem bekannten Zytostatikum Thiotepa. In einer randomisierten Studie erhielten je 30 Personen mit fortgeschrittenem Pankreaskarzinom Gemcitabin (Gemzar®), Ukrain oder die beiden Medikamente kombiniert. Die mit Ukrain Behandelten hatten mehr Teilremissionen, Tumorstabilisierungen und eine längere mittlere Überlebensdauer.(9) Ob jedoch Ukrain wirksamer als Thiotepa
allein ist, wurde bisher nicht dokumentiert. Der Nutzen des Schöllkrautextrakts bleibt somit unbestimmt.

PC-Spes

PC-Spes
Unter dem Namen PC-Spes wurde bis vor kurzem eine chinesische Mischung von acht Pflanzen als «neues biologisches Konzept zur Behandlung von Prostatakrebs» propagiert. Die chemische Analyse dieses Präparates ergab neben pflanzlichen Bestandteilen variable Mengen von weiteren Wirkstoffen wie Antikoagulantien, Diäthylstilböstrol und Indometacin (Indocid® u.a.).(10) Es gibt dazu einige Labor- und klinische Untersuchungen, jedoch keine randomisierte Studie.(11) Das Mittel wurde schliesslich vom Markt zurückgezogen. Neuerdings wird jedoch ein anderes Kräuterpräparat (ProstaSol) mit ähnlich dürftiger Dokumentation illegal in der Schweiz angewandt.
Die Wirkung von PC-Spes und verwandten Kräutermischungen könnte auf Phytoöstrogene zurückzuführen sein.(11) Deshalb ist nicht ausgeschlossen, dass solche Präparate allenfalls bei Prostatakarzinom eine Alternative darstellen könnten. Anderseits liesse sich ihre Wirkung auch durch den Gehalt an Diäthylstilböstrol erklären. Jedenfalls stellen Präparate, die neben Phytotherapeutika ungenügend definierte aktive Komponenten
enthalten, eine erhebliche Gefahr dar.

Weitere bei Krebskranken propagierte Mittel

Auch für den «Tahitian Noni Juice», einen Extrakt aus der polynesischen Frucht Morinda citrifolia, und für das Algenprodukt Spirulina werden diverse Heilversprechen gemacht. Ob diese Mittel tatsächlich «das Immunsystem in Schwung bringen und dem Krebs Paroli bieten» oder neben Krebs auch Bluthochdruck, Diabetes, Schlaganfall, Fibromyalgie und vieles andere heilen können, ist absolut unbewiesen.

Ukrain, PC-Spes, ProstaSol und ähnliche Mittel sind allesamt so mangelhaft untersucht, dass von ihrer Anwendung abgeraten werden muss. Die hauptsächliche Gefahr der Anwendung solcher Phytotherapeutika liegt im Risiko, dass Krebskranke von einer korrekten, Erfolg versprechenden Tumorbehandlung abgehalten werden.

Echinacea

Extrakte aus verschiedenen Sonnenhut-Arten werden zur Prävention und Behandlung von Erkältungskrankheiten eingesetzt. Je nachdem, aus welcher Pflanze (Echinacea purpurea, E. angustifolia, E. pallida) und aus welchem Pflanzenteil (Kraut, Wurzel) ein Präparat gewonnen wird, enthält es unterschiedliche
Wirkstoffe. Die Wirksamkeit von Echinaceaextrakten soll auf einer Immunstimulation, auf der Hemmung viraler Replikation und auf entzündungshemmenden
Effekten beruhen.

In einer in der Cochrane Library veröffentlichten Metaanalyse sind bis zum Frühjahr 1998 veröffentlichte Studien berücksichtigt. (12) Die Autoren beschreiben die grosse Heterogenität bzw. die unklare Vergleichbarkeit der verschiedenen Echinacea- Präparate als Hauptproblem. Sie stellen zudem fest, dass eine
grössere Zahl von Studien – vermutlich mit negativen Resultaten – nicht veröffentlicht worden ist («publication bias»). Sie zweifeln im übrigen, dass die in der Mehrzahl der berücksichtigten Studien gefundenen Vorteile von Echinacea klinisch relevant sind.

Seit diese Metaanalyse zusammengestellt worden ist, sind einige weitere Studien publiziert worden, die jedoch den Gesamteindruck nicht entscheidend ändern. In einer neueren, sorgfältig durchgeführten Doppelblindstudie mit Placebokontrolle vermochte die Einnahme einer Mischung von Echinaceaextrakten in Kapselform weder die Dauer noch die Symptome von Erkältungserkrankungen
zu reduzieren.(13)

Bisher sind immerhin nur wenig unerwünschte Wirkungen von Echinacea bekannt. Allergische Exantheme und anaphylaktische Reaktionen sind beobachtet worden.

Zurzeit findet sich keine überzeugende Evidenz, wonach Echinaceaextrakte die Symptome oder die Dauer von Erkältungskrankheiten mindern würden. Diese Präparate stellen zwar kaum ein gesundheitliches Risiko dar, verursachen jedoch unnötige Kosten.

Ginkgo

Extrakte aus den Blättern des japanischen Tempelbaums (Ginkgo biloba) werden in der chinesischen Medizin seit Jahrhunderten für verschiedene Krankheiten eingesetzt. In Deutschland stellten Ginkgoextrakte im Jahr 2000 die am häufigsten verordnete Antidemenz-Behandlung dar.(14) Ginkgo wird nicht nur bei Demenz, sondern auch bei Vergesslichkeit, peripheren arteriellen Durchblutungsstörungen und bei Tinnitus verwendet. Die Extrakte enthalten Terpenoide (Ginkgolide und
Bilobalid) und Flavonoide. Das Wirkstoffgemisch soll unter anderem zur Gefässerweiterung, zur Inaktivierung von freien Radikalen und zur Verminderung der Blutviskosität führen.
Eine in der Cochrane Library veröffentlichte Metaanalyse der bis Mitte 2002 veröffentlichten Studien bei Demenz kommt zu zurückhaltenden Schlüssen. Gesamthaft seien zwar Daten vorhanden, die eine vorteilhafte Wirkung von Ginkgo auf kognitive Funktionen annehmen liessen; neuere Studien hätten jedoch widersprüchliche Resultate ergeben.(15) Gemäss einer anderen systematischen Übersicht sind die vorhandenen Daten offensichtlich ungenügend, um auf eine positive Wirkung von Ginkgo schliessen zu können.(16) Mit Cholinesterasehemmern wie z.B. Rivastigmin (Exelon®) sind Ginkgopräparate bisher nicht direkt verglichen worden.
Bei der symptomatischen Therapie einer Claudicatio intermittens sind Ginkgoextrakte gemäss einer Metaanalyse der Placebotherapie überlegen; es handelt sich jedoch um einen Effekt von fraglicher klinischer Relevanz.(17) Auch bei Tinnitus gelangen die meisten Studien zu einer positiven Beurteilung von Ginkgo und auch hier ist nicht klar, ob ein klinisch bedeutsamer Nutzen erreicht wird.
Unter Ginkgopräparaten sind Kopfschmerzen, Brechreiz, verschiedene Magen-Darmbeschwerden und allergische Hautreaktionen beobachtet worden. Auch Einzelfälle von Blutungen sind mit Ginkgo in Verbindung gebracht worden.(3)
Ginkgopräparate werden bei gesundheitlichen Problemen in Betracht gezogen, zu deren medikamentösen Behandlung heute noch nur wenig attraktive Alternativen zur Verfügung stehen. Dies genügt jedoch nicht, um ihre Anwendung zu rechtfertigen. Erst wenn bessere Studien vorliegen, wird über Nutzen und Risiken der Ginkgoextrakte und über einen allfälligen Einsatz z.B. bei beginnender Demenz entschieden werden können.

Johanniskraut

Extrakte von Johanniskraut (Hypericum perforatum) werden in erster Linie zur Behandlung von Depressionen empfohlen. Die Extrakte enthalten eine Vielfalt von möglichen Wirkstoffen. Ob (wie ursprünglich vermutet) der Hypericingehalt tatsächlich für die Wirkung entscheidend ist, wird heute in Frage gestellt. Möglicherweise ist mit Hyperforin, das die Wiederaufnahme verschiedener Neurotransmitter hemmt, eine wichtige Komponente gefunden worden.(3) Damit kommt der Hypericin-
Standardisierung der Präparate geringere Bedeutung zu; die Variabiliät des Wirkstoffgehalts in verschiedenen Präparaten ist bei Johanniskraut ein ungelöstes Problem. Seit in dieser Zeitschrift über Johanniskrautextrakt berichtet worden ist,(18) hat die Popularität dieses Phytotherapeutikums weiter zugenommen. In der Zwischenzeit sind auch noch weitere Studien und mehrere Metaanalysen veröffentlicht worden. Diese lassen zusammenfassend den Schluss zu, Johanniskrautextrakte stellten eine sinnvolle Alternative für die kurzfristige Behandlung leichter bis mittelschwerer Depressionen dar.(3,19) Dabei muss man berücksichtigen, dass bei Depressionen manchmal sehr hohe Placebo-Responderraten beobachtet werden. Wenn ein Johanniskrautextrakt z.B. in einer Studie ähnlich gut antdepressiv wirksam war wie niedrig dosiertes Imipramin (Tofranil®, 100 mg/Tag), so wird diese Feststellung stark relativiert, wenn in derselben Studie die depressiven Symptome unter Placebo bei 63% um mindestens die Hälfte abnahmen (Imipramin: bei 67%, Johanniskraut: bei 76%).(20) In zwei placebokontrollierten Studien, die bei schwerer Depression durchgeführt wurden, unterschied sich Johanniskraut bezüglich des primären Endpunktes (Verbesserung auf der «Hamilton Rating Scale») nicht vom Placebo.(21,22) In der einen dieser Studie erfolgte zudem ein Vergleich mit Sertralin (Gladem®, Zoloft®), das im Vergleich mit Placebo zwar nicht auf der Hamilton-Skala, aber wenigstens auf einer anderen Skala überlegen war.(22)
Unter Johanniskrautextrakten werden Kopfschmerzen, gastrointestinale Symptome, Müdigkeit, Schwindel und allergische Hautreaktionen beobachtet. Seltene Komplikationen sind eine Photosensibilisierung und ein Serotonin-Syndrom-ähnliches Bild. Durch Induktion von CYP3A4 und P-Glykoprotein können Hypericum-Extrakte praktisch relevante Interaktionen verursachen. So ist z.B. eine Verminderung der Wirkung von oralen Antikoagulantien, Digoxin und Ciclosporin (Sandimmun®) möglich. Zahlreiche andere Wirkstoffe (auch orale Kontrazeptiva) können beeinflusst werden. Johanniskrautextrakte können zur kurzfristigen Behandlung von leichten bis mittelschweren Depressionen eingesetzt werden. Sie sind in der Schweiz nach wie vor ohne ärztliche Verordnung erhältlich. In Anbetracht der Gefahren einer Depression und des Interaktionsrisikos der Johanniskrautextrakte muss jedoch unbedingt zu einer regelmässigen ärztlichen Kontrolle geraten werden.

Schlussfolgerungen

Phytotherapeutika, für die der Anspruch einer echten Wirksamkeit erhoben wird, müssen nach den gleichen strengen Kriterien wie synthetische Heilmittel beurteilt werden. Für die hier besprochenen Mittel, die alle verhältnismässig häufig eingesetzt werden und ihren Herstellern viel Geld einbringen, ist jedoch der Nachweis von Wirksamkeit und Verträglichkeit noch nicht in zufriedenstellendem Ausmass erbracht. Da es sich grossenteils um gut verträgliche Mittel handelt, sind weitere, methodologisch einwandfreie Studien erwünscht. Im übrigen ist wichtig, dass man von ärztlicher Seite der Tatsache Rechnung trägt, dass sehr viele Leute Phytotherapeutika einnehmen, weshalb man immer ausdrücklich nach der Einnahme solcher Mittel fragen und mit dem nötigen Fingerspitzengefühl entsprechend informieren sollte.

Kommentar

Ginkgo wird besonders von älteren Personen eingenommen. Gerade bei diesen liegen jedoch oft Probleme vor, bei denen eine medikamentöse Behandlung oder Massnahmen der Gesundheitsförderung indiziert wären (z.B. Plättchenhemmer, Antihypertensiva, körperliche Aktivität). Die Einnahme von Ginkgo kann dazu führen, dass wirksame Massnahmen im Alter herausgezögert oder vernachlässigt werden. Deshalb halte ich eine ärztliche Verordnung von Ginkgo nicht für angebracht.

A. Stuck

Standpunkte und Meinungen

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Probleme der Phytotherapie (28. März 2003)
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pharma-kritik, 25/No. 1
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