Viel Lärm um nichts?

  • Autor(en): Etzel Gysling
  • pharma-kritik-Jahrgang 43 , Nummer 2, PK1160
    Redaktionsschluss: 3. August 2021
  • Ob Aducanumab, das in den USA neu zugelassene Mittel zur Behandlung des Morbus Alzheimer, den von dieser Demenzform betroffenen Personen wirklich nützt, ist vorläufig ganz unklar.
Wir sind uns alle einig, dass ein Mittel, das eine dementielle Entwicklung aufzuhalten vermöchte, einen ausserordentlich bedeutsamen Fortschritt darstellen würde. Wenn sich ein solches Mittel finden lässt, wird es nach heutigem Ermessen medikamentöser Natur sein – ein Gehirn ist nicht einfach zu ersetzen wie eine getrübte Linse oder ein abgenütztes Hüftgelenk. Da die Alzheimer-Demenz durch die Ablagerung von Beta-Amyloid-Plaques charakterisiert ist, wird zurzeit in erster Linie versucht, diesen Vorgang aufzuhalten. Allerdings scheint es mir nicht gegeben, dass ein tatsächlich wirksames Medikament den aktuell verfolgten Forschungsrichtungen entspringen muss. Denkbar ist zum Beispiel, dass eine Art von zündendem Blitz – wie z.B. die Entdeckung von Helicobacter pylori als Ursache von gastro-duodenalen Ulzera – die Forschung umkrempelt und dann zu einem Resultat führt. Für ein neues therapeutisches Prinzip ist jedenfalls von entscheidender Bedeutung, dass es die praktisch-klinischen Konsequenzen der Erkrankung aufhält, ganz unabhängig vom Wirkungsmechanismus. Vor diesem Hintergrund ist die FDA-Zulassung von Aducanumab (Aduhelm®) zu sehen. Aducanumab ist ein monoklonaler Antikörper, der bei Morbus Alzheimer zu einer Abnahme der Beta-Amyloid-Ablagerungen führt. Aufgrund dieses Befundes wurden zwei fast identische Doppelblindstudien mit einer niedrigeren und einer höheren Aducanumab-Dosis und Placebovergleich gestartet. Diese wurden aber vorzeitig gestoppt, da bestimmte (vorher definierte) Kriterien einer ungenügenden klinischen Wirkung erfüllt waren. Wer bereits in die Studie aufgenommen worden war, konnte jedoch weiterbehandelt werden. Eine spätere Analyse mit zusätzlichen Daten ergab dann für die eine der beiden Studien einen möglichen Nutzen der höheren Dosis. Es ist eine biostatistische Binsenwahrheit, dass solche Post-hoc-Analysen einer Daten-Manipulation Tür und Tor öffnen. Entsprechend empfahl die von der Arzneimittelbehörde (FDA) beauftragte Fachgruppe, Aducanumab nicht zuzulassen (1). Dass nun die FDA das Medikament dennoch allgemein für die Behandlung einer Alzheimer-Demenz zugelassen hat, beruht wohl auf dem Bedürfnis,
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Viel Lärm um nichts? (3. August 2021)
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pharma-kritik, 43/No. 2
PK1160
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