pharma-kritik
Freiheit in der Pandemie
- Autor(en): Etzel Gysling
- pharma-kritik-Jahrgang 43
, Nummer 4, PK1173
Redaktionsschluss: 30. September 2021 - PDF-Download der Printversion dieses Artikels
Bald ein Jahr, nachdem Impfstoffe gegen COVID-19 verfügbar geworden sind, ist die Pandemie noch keineswegs besiegt. Es wundert deshalb nicht, wenn nun immer wieder Rufe nach «Freiheit» aufkommen – obwohl längst nicht immer klar ist, was denn dabei wirklich gemeint ist. Bei der Vorbereitung des Textes über die beiden aktuellen mRNA-Impfstoffe ist mir bewusst geworden, wie sehr uns die COVID-19-Pandemie unfrei gemacht hat. Alle sind wir betroffen, jung und alt, Impfbefürworter und Impfgegner, Kranke und Gesunde, wirklich alle. Das Virus ist da, auf dem ganzen Planeten, weiter verbreitet als einst Yersinia pestis. Und das Virus ist nicht harmlos – am schlimmsten ist wohl sein Potential, in noch weit gefährlichere Varianten zu mutieren. Es nützt nichts, diese Tatsachen zu negieren – wir müssen versuchen, uns wieder aus der Virus-Gefangenschaft zu befreien.
Für mich würde «Freiheit» in diesem Zusammenhang zum Beispiel bedeuten, wieder ohne Sorgen und auch ohne Maske reisen zu können, auch in einem grösseren Rahmen Leute (auch mir bisher unbekannte Leute) zu treffen und nicht befürchten zu müssen, nächste Woche womöglich durch erneute Restriktionen eingeschränkt zu sein. Kurz: es wäre sehr schön, wenn es wieder so wäre wie vor der Pandemie. Mit den aktuell erhältlichen Impfstoffen ist uns angeboten, mit etwas Glück den Weg zu dieser Freiheit zu finden. Glück brauchen wir, weil wir noch nicht alles über das Virus wissen, weil neue, bösartigere Virusvarianten auftreten könnten und weil nicht restlos klar ist, wieviele Menschen gegen das Virus immun sein müssen, um eine weitere Propagation des Virus wirksam zu verhindern. Auch zu den Impfstoffen ist nicht alles bekannt. Die Impfung hat Nebenwirkungen – wirklich gefährliche Folgen sind jedoch extrem selten. In Anbetracht der grossen Zahl verabreichter Impfdosen (mehrere Milliarden) ist es deshalb gerechtfertigt, auf eine ausgezeichnete Nutzen/Risiko-Bilanz zu schliessen.
Die unbefangene Konsequenz aus diesen Fakten lautet: Möglichst bald möglichst viele Menschen impfen. Hier kommt nun ein anderer Begriff ins Spiel, den ich in den letzten Wochen viel zu selten gehört habe: Solidarität. Für viele ist es offenbar nicht einfach einzusehen, dass sie bei einem relativ geringen Erkrankungsrisiko die Unannehmlichkeit einer Impfung in Kauf nehmen sollten. Wie schon erwähnt, wissen wir aber nicht, ob und wie sich das Risiko einer COVID-19-Erkrankung zukünftig ändern könnte. Zudem sollte sich die Erkenntnis durchsetzen, dass nur solidarisches Handeln uns schliesslich gegen die Unfreiheit in der Pandemie schützen wird.
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Freiheit in der Pandemie (30. September 2021)
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pharma-kritik, 43/No. 4
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