Behandlung des Herpes labialis

Übersicht

Der Herpes labialis, volkstümlich als «Fieberbläschen» bezeichnet, ist keine gefährliche Erkrankung, aber häufig und mit unangenehmen Symptomen verbunden. Er wird praktisch immer von Herpes-simplex-Viren vom Typ I (HSV-1) verursacht. HSV-1 werden von Sekreten (Tröpfchen) oder beim Kontakt mit Haut- und Schleimhautläsionen einer infizierten Person übertragen.(1,2)

Die meistens asymptomatisch verlaufende Primärinfektion findet in der Regel im Kindesalter statt. Bei 5 bis 10% der Kinder manifestiert sich die Primärinfektion als Gingivostomatitis herpetica. Dabei kommt es zu zahlreichen, sehr schmerzhaften Ulzera auf der Mundschleimhaut. Die betroffenen Kinder können kaum essen und trinken und müssen vereinzelt parenteral mit Flüssigkeit versorgt werden.(3) Die Gingivostomatitis herpetica kann von Fieber und stark beeinträchtigtem Allgemeinzustand begleitet sein. Normalerweise verläuft die Erkrankung aber unkompliziert und heilt nach 10 Tagen ab. Eine Primärinfektion bei Erwachsenen manifestiert sich häufiger als eine ulzeröse Pharyngitis und ist dann manchmal schwierig von anderen Infektionen der oberen Atemwege zu unterscheiden.(4,5) Nach der Erstinfektion wandert das Virus entlang den sensorischen Nerven in die Ganglienzellen, wo es latent persistiert und durch Reaktivierung zu Rezidiven führen kann. Weltweit sind 70 bis 90% aller Erwachsenen Träger von HSV-1.(6) Bei etwa der Hälfte der derart infizierten Personen werden die Viren durch verschiedene Faktoren aktiviert. Die Anzahl der Episoden beschränkt sich bei den meisten Personen auf weniger als zwei pro Jahr, 5 bis 10% der Betroffenen erleiden jedoch sechs und mehr Rezidive jährlich.(1,7) Unter den Faktoren, die zur Auslösung eines Herpesschubes führen können, sind besonders Fieber, UV-Einstrahlung (natürliche oder künstliche Höhensonne), Menstruation sowie verschiedene körperliche oder psychische Belastungen zu nennen. Auch Immunsupprimmierte sind einem höheren Herpes-Risiko ausgesetzt. Im klassischen Fall gibt es sechs Phasen im Verlauf eines Ausbruchs, der etwa 8 bis 10 Tage dauert: Prodrome (Spannungsgefühl, Jucken, Brennen, Schmerzen), Hautrötung, Papel/Ödem, Ulzerierung/ Erosion, Kruste und Heilung.(1)

Obwohl Herpes-labialis-Rezidive schmerzhaft, unangenehm und kosmetisch sehr störend sein können, handelt es sich für immunkompetente Personen um eine banale Erkrankung. Die psychosoziale Belastung durch diese auffälligen Läsionen im Gesicht, vor allem bei jungen Leuten mit häufigen Rezidiven, darf aber nicht unterschätzt werden. Komplikationen oder unübliche Manifestationen einer HSV-1-Infektion können vorkommen, so z.B. kann sich bei Personen mit einer Neurodermitis aus einer Herpesläsion ein Eczema herpeticatum entwickeln. Im weiteren kann ein HSV-Infekt Ursache für ein Erythema exsudativum multiforme sein. Weitere schwere Komplikationen sind die Keratoconjunctivitis herpetica sowie die Encephalitis herpetica. Für immunkompromittierte Personen kann eine virale Episode lebensbedrohende Konsequenzen nach sich ziehen.(1,4)

Sowohl zur lokalen als auch zur systemischen Therapie des Herpes labialis werden hauptsächlich Nukleosid-Analoga eingesetzt, die die Synthese der viralen DNS hemmen.(8) Aciclovir (Zovirax® u.a.) steht seit den späten 1980-er Jahren zur Verfügung. Bei oraler Gabe beträgt die Bioverfügbarkeit etwa 20%.

Die später entwickelten Nukleosid-Analoga Valaciclovir (Valtrex®) und Famciclovir (Famvir®) sind im Vergleich zu Aciclovir oral besser verfügbar. (Valaciclovir ist der Valinester von Aciclovir, Famciclovir ist ein «Prodrug» von Penciclovir.) Eine zusammenfassende Übersicht findet sich in Tabelle 1. Bei oraler Therapie weisen diese neueren Virostatika deshalb ein vorteilhafteres Dosierungsschema auf.9 Da ein Herpes labialis bei weitem am häufigsten als Rezidiv auftritt und diese Erscheinungsform meistens lokal behandelt wird, soll die lokale Anwendung von Nukleosid-Analoga in dieser Übersicht ausführlich behandelt werden.

Therapie

Behandlung der Primärinfektion (Gingivostomatitis herpetica)

In den meisten Fällen von Gingivostomatitis herpetica ist eine systemische Therapie mit Virostatika angezeigt. Bei unkompliziertem Verlauf hingegen genügen unterstützende Massnahmen und eine symptomatische Therapie mit Schmerzmitteln oder Antipyretika und antiseptischen Mundspülungen.

Eine während 7 Tagen verabreichte orale Aciclovir-Suspension (15 mg/kg täglich in 5 Gaben) verminderte bei Kindern die Dauer der Gingivostomatitis herpetica im Vergleich mit Placebo signifikant: Orale Läsionen dauerten 4 statt 10 Tage an, das Fieber 1 statt 3 Tage, Trinkschwierigkeiten 3 statt 6 Tage, die Virusausscheidung 1 statt 5 Tage.(10) Die Wirksamkeit der neueren Virostatika Valaciclovir und Famciclovir bei Gingivostomatitis ist nicht etabliert; da sie aber im Vergleich zu Aciclovir längere Dosisintervalle aufweisen, könnten sie von klinischem Nutzen sein.

Für die intravenöse Therapie der Gingivostomatitis herpetica sind keine spezifischen klinischen Studien verfügbar. Wenn die orale Applikation aber nicht möglich ist oder eine Immunschwäche besteht, wird eine intravenöse Therapie mit 5 bis 10 mg/kg/8h während 7 bis 10 Tagen beschrieben.(5) Dosierung und Kosten sind in Tabelle 2 zusammengestellt.

Behandlung des rezidivierenden Herpes labialis

Lokalbehandlung
Bei einem unkomplizierten Verlauf eines Herpes-labialis- Rezidivs wird in der Regel lokal behandelt. Als Virostatika stehen lokal anwendbare Präparate mit Aciclovir und Penciclovir sowie die schon länger bekannten Präparate Idoxuridin (Virunguent®) und Tromantadin (Viru-Merz Serol®) zur Verfügung. In Deutschland wurde neuerdings auch eine Foscarnet- Crème (Triapten Antiviral®) zugelassen;(11) ein überzeugender klinischer Wirksamkeitsnachweis steht für dieses Präparat allerdings noch aus. Zur Vermeidung von Sekundärinfektionen werden antiseptische Lösungen und Mundspülungen eingesetzt. Man kann auch mit Pflanzenextrakten, Zinksulfat oder im Krustenstadium mit wirkstofffreien, fettenden Externa unterstützend behandeln.(2) Generell ist wichtig, dass die Lippen in der Höhe konsequent gegen die UV-Einstrahlung geschützt werden.

Während die systemische Wirksamkeit von Nukleosid- Analoga unbestritten ist, wird die Wirksamkeit der lokalen Applikation häufig hinterfragt. In den 1980-er und 1990-er Jahren, nachdem sich Aciclovir in Salbenform als unwirksam erwiesen hatte,(12,13) wurde die Wirksamkeit von Aciclovir als Crème mit Propylenglycol – einem penetrationsverbessernden Hilfsstoff – in einer Reihe von Studien untersucht. In vielen dieser Studien wurde eine statistisch signifikante positive Wirkung von Aciclovir nachgewiesen. Dabei fand sich teilweise eine Abnahme der Dauer des vesikulären Stadiums und eine verkürzte Heilungszeit,(14,15) während sich in anderen Untersuchungen keine Wirkung zeigte.(16) Als möglicher Grund für die inkonsistenten Resultate wurde unter anderem – basierend auf dem Konzept, dass der Unterbruch der Virusreplikation vor Entwicklung der Läsionen erfolgen soll – der Zeitpunkt der Applikation diskutiert. Aus diesem Grund wurde in neueren Studien mit lokalen Nukleosid-Analoga der Therapiebeginn thematisiert.

Neuere Studien mit lokalen Nukleosid-Analoga-Präparaten

In einer grossen Doppelblindstudie mit parallelen Gruppen wurde bei über 1500 Personen mit Herpes-labialis-Rezidiven eine Penciclovir-Crème 1% mit Placebo verglichen.(17) Penciclovir erwies sich als wirksamer als das Placebo: die Läsionen heilten etwas rascher ab (in 4,8 statt 5,5 Tagen), die Schmerzen dauerten weniger lange an (3,5 statt 4,1 Tage) und auch die Dauer der Virusausscheidung war leicht verkürzt. Vergleicht man die Resultate bei «frühem Therapiebeginn» (im Prodromal- oder Erythemstadium) mit denjenigen bei «spätem Therapiebeginn» (im Papel- und Bläschen-Stadium), so lässt sich schliessen, dass die Abheilung der Läsionen unabhängig vom Stadium zum Zeitpunkt des Therapiebeginns beschleunigt wurde.

In einer Doppelblindstudie mit etwas mehr als 500 Personen wurde die Wirksamkeit einer 1%igen Penciclovir-Crème bei später Applikation untersucht.(18) Die erste Applikation der Studienmedikation erfolgte erst nach Beginn des Papel-Stadiums (innerhalb einer Stunde). Im Vergleich mit Placebo zeigte Penciclovir auch bei derart später Applikation eine signifikante Wirkung auf die Abheilungszeit der Läsionen (7,6 gegenüber 8,8 Tage). Auch das Ausmass der Läsionen, der Schmerz, der Juckreiz und das Brennen wurden günstig beeinflusst.

In zwei identisch angelegten Doppelblindstudien wurde die Wirksamkeit einer 5%igen Aciclovir-Crème bei insgesamt 1385 Personen gegen Placebo getestet.(19) Aciclovir ergab ein klinisch bescheidenes, aber statistisch signifikant besseres Resultat: die Erkrankungsdauer wurde um etwa einen halben Tag verkürzt und auch die Schmerzen hielten etwas weniger lange an. Auch in diesen Studien fanden sich keine Unterschiede zwischen einer frühen und einer späten Anwendung (z.B. erst, nachdem schon Bläschen vorhanden waren).

In einer Doppelblindstudie, die auch Aussagen zum Zeitpunkt des Therapiebeginns erlaubt, wurden Aciclovir und Penciclovir verglichen. 248 Personen mit einem labialen oder fazialen Herpes simplex erhielten entweder eine Penciclovir-Crème (1%) oder eine Aciclovir-Crème (3%). Der Behandlungsbeginn erfolgte innerhalb von 24 Stunden nach dem Auftreten von Läsionen, also relativ spät.(20) Es fanden sich keine signifikanten Unterschiede zwischen den beiden Präparaten. Insbesondere war der Nutzen mit beiden Crèmen ungefähr derselbe, ob die Anwendung früh (im Prodromal- oder Erythemstadium) oder in einem späteren Stadium (wenn Papeln oder Bläschen vorhanden waren) erfolgte.

Zeitpunkt des Therapiebeginns

Die Mehrheit der Studien zeigt also einen vom Behandlungsbeginn weitgehend unabhängigen therapeutischen Effekt. Dies scheint im Widerspruch zum Konzept zu stehen, dass der Unterbruch der Virusreplikation vor Entwicklung der Läsionen erfolgen soll. Damit aber die Virostatika ihre Wirkung entfalten können, müssen sie nicht nur früh genug, sondern auch in genügend hoher Konzentration den Wirkort erreichen. Es hat sich gezeigt, dass Aciclovir eine sehr niedrige Penetrationsrate durch das Stratum corneum aufweist und es besteht die Schwierigkeit, eine genügend hohe Wirkstoffkonzentration in den tieferen Epidermisschichten zu erreichen.(21)

Damit lokal applizierte Virostatika ihre Wirksamkeit entfalten können, müssen sie daher zusammen mit penetrationsfördernden Hilfsstoffen wie z.B. Propylenglycol oder Dimethylsulfoxid verabreicht werden. Möglicherweise spielt es auch eine Rolle, wie häufig das Präparat angewandt wird. Die Beobachtung, dass mit der lokalen Anwendung unabhängig vom Zeitpunkt der Applikation bzw. vom Stadium der Läsionen eine ähnliche Wirksamkeit erreicht wird, lässt sich folgendermassen begründen: In frühen Stadien wird – bei intaktem Epithel – möglicherweise am Ort der Virusreplikation nur eine geringe Wirkstoffkonzentration erreicht. Ist das Stratum cornuem jedoch beschädigt (in späteren Stadien), so sind die Konzentrationen im Bereich der Virusreplikation höher und daher besser wirksam.

Systemische Behandlung von Rezidiven

In bestimmten klinischen Situationen ist eine systemische orale oder intravenöse Therapie erforderlich, wie zum Beispiel bei Eczema herpeticatum.(9) Eine systemische Therapie kann auch angezeigt sein, wenn die Erosionen sehr ausgeprägt sind oder ein multilokulärer Befall vorliegt.

In einer randomisierten Studie bei 174 Personen mit Herpes labialis verminderte die orale Gabe von Aciclovir (5-mal täglich 400 mg) im Vergleich mit Placebo die Zeit bis zur Abheilung der Krusten von rund 8 auf 6 Tage signifikant; die betroffenen Personen wurden auch durchschnittlich fast 34 Stunden rascher schmerzfrei. Wichtig dabei war ein Therapiebeginn innerhalb des Prodromal- oder Erythemstadiums.(22)

Neuere Studien lassen vermuten, dass für die Behandlung von Rezidiven auch eine kurzzeitige Behandlung mit Virostatika ausreicht. Valaciclovir (insgesamt 2-mal 2 g, an einem Tag) reduzierte in zwei grossen Doppelblindstudien bei über 1800 Personen die Abheilungszeit gegenüber Placebo um etwa 1 Tag. Nicht signifikant verschieden war aber die Anzahl Personen, bei denen es zur Bläschenbildung kam.23 Allerdings war in einer anderen Studie bei 249 Personen eine Einmaldosis Valaciclovir nicht hilfreich.(24)

In einer Studie wurde bei 700 Personen die Selbstbehandlung mit oralem Famciclovir (entweder eine Einmaldosis von 1500 mg oder 2-mal 750 mg an einem Tag) gegen Placebo getestet. Die aktive Behandlung reduzierte die Abheilungszeit gegenüber Placebo um etwa 2 Tage.(25)

Die orale Therapie eines Herpes labialis mit Nukleosid- Analoga sollte bei immunkompetenten Personen die Ausnahme darstellen. Je nach Land und Substanz ist der offizielle Text zur Zulassung recht unterschiedlich und teilweise ohne klare Abgrenzung zwischen Herpes labialis und Herpes genitalis abgefasst. In der Schweiz wird bei Rezidiven eine Behandlung während fünf Tagen (z.B. 5-mal täglich 200 mg Aciclovir) empfohlen. Weitere Angaben finden sich in der Tabelle 3.

Bei HSV-Infektionen bei immunkompromittierten Personen ist eine systemische Behandlung mit Aciclovir die Therapie der Wahl. Eine anschliessende antivirale Suppressionstherapie ist häufig wegen des Rezidivrisikos indiziert.(2)Problematisch ist die Entwicklung einer Resistenz gegen Nukleosid-Analoga, die bei diesen Personen gelegentlich beobachtet wird.

Prophylaktische Therapie bei häufigen Rezidiven

Bei Personen, deren Herpes sehr häufig (mehr als sechsmal pro Jahr) rezidiviert und die deshalb in ihrem Wohlbefinden stark beeinträchtigt sind, kommt eine Langzeit-Suppressionstherapie mit einem oralen Nukleosid-Analogon in Frage. Die Dauertherapie soll wegen der spontanen Abnahme der Rezidivhäufigkeit nach sechs bis zwölf Monaten unterbrochen werden.(2) Wird ein Herpes labialis z.B. durch Sonnenexposition (UV) oder einen Laser-Eingriff im Gesichtsbereich ausgelöst, so kann vor der jeweiligen Exposition eine Kurzzeitsuppressionstherapie durchgeführt werden. Eine orale Suppressionstherapie kommt auch in Betracht, wenn nach jedem Rezidiv ein Erythema exsudativum multiforme als infektallergische Reaktion auftritt.

Schlussfolgerungen

Primärinfektionen mit dem HSV-1 sind selbstlimitierende Erkrankungen, die meistens symptomatisch behandelt werden; es kann aber eine antivirale Therapie erforderlich sein. Bei Herpes- labialis-Rezidiven handelt es sich um eine häufige, meistens harmlose Erkrankung von kurzer Dauer. Andere Manifestationen des HSV-1, dem hauptsächlichen Auslöser von Herpes labialis, können gravierend sein, sind aber selten.Nukleosid- Analoga gelten als Therapie der Wahl für HSV-1- Infektionen. Diese Wirkstoffklasse hemmt in der Phase der aktiven Infektion die Virusreplikation, die latenten Viren in den Ganglien-Reservoirs können aber nicht eliminiert werden.

Alle Nukleosid-Analoga sind bei HSV-1-Infektionen gut wirksam. Die systemische Verabreichung dieser Virostatika erscheint wirksamer als die lokale Applikation, es liegen aber keine Studien vor, in denen die lokale direkt mit der oralen Therapie verglichen worden wäre. Auch ein direkter Vergleich der verschiedenen oralen Medikamente fehlt. Die neueren Wirkstoffe Valaciclovir und Famciclovir/Penciclovir weisen ein gleich gutes Sicherheitsprofil auf wie Aciclovir. Der Vorteil der neueren Wirkstoffe liegt vor allem in den längeren Dosierungsintervallen bei oraler Verabreichung. Für die intravenöse Applikation ist Aciclovir nach wie vor die am besten dokumentierte Substanz. Resistenzerscheinungen gegen Nukleosid- Analoga sind bei immunkompetenten Personen wegen der kurzen Behandlungsdauer kaum zu erwarten. Bei Immunkompromittierten hingegen sind Resistenzen gelegentlich – bei 3 bis 9% der Betroffenen – ein Problem. In diesen Fällen kann eventuell intravenös verabreichtes Foscarnet (Foscavir®) nützlich sein.

Bei HSV-1-Infektionen kann eine systemische Therapie in bestimmten klinischen Situationen erforderlich sein, wobei eine orale oder intravenöse Therapie mit Nukleosid-Virostatika generell anerkannt ist. Sowohl für die Primärinfektion (Gingivostomatitis herpetica) als auch für Herpes-labialis- Rezidive sind etablierte, evidenzbasierte Behandlungsrichtlinien verfügbar. Hingegen sind Therapieschemata für seltenere Formen einer HSV-1-Infektion und für Komplikationen nicht so gut dokumentiert. In neueren Studien wurde die kurzzeitige orale Behandlung von Herpes-labialis-Rezidiven mit Virostatika untersucht, das neue Behandlungsschema ist aber noch nicht etabliert.

Herpes-labialis-Rezidive werden hauptsächlich lokal behandelt. Für die Lokaltherapie liegt ein Wirksamkeitsnachweis auf Grund mehrerer Placebo-kontrollierter Studien vor. Verschiedene Reviews fassen die Daten zusammen.(4) Eine überzeugende Dokumentation von Vorteilen der einen oder anderen Substanz ist jedoch nicht vorhanden, unabhängig davon, ob die Lokaltherapie früh oder spät erfolgt.

In Bezug auf die klinischen Resultate sind die Unterschiede zwischen aktiver Behandlung und Placebo gering: Die Beschleunigung der Heilung (z.B. verkürzte Dauer bis zur Krustenbildung oder Schmerzdauer) beträgt im Allgemeinen kaum 1 Tag. Es gilt aber allgemein als schwierig, bei immunkompetenten Personen den antiviralen Effekt von lokal applizierten Virostatika nachzuweisen. Dies steht mit der schnellen Entwicklung der Läsionen, mit den grossen Unterschieden im Schweregrad der Läsionen, mit der schnellen Spontanheilung sowie mit der üblicherweise starken sekundären Immunantwort im Zusammenhang. Trotz der bescheidenen klinischen Wirksamkeit kann die 5%ige Aciclovir-Crème als Standard-Therapie bei Herpes labialis bezeichnet werden; sie eignet sich vor allem auch für die Selbstmedikation. Idoxuridin (Virunguent®) und Tromantadin (Viru-Merz Serol®) gelten als weniger wirksam. In den USA ist ein weiteres Medikament (Docosanol, Abreva ®) verfügbar.

Standpunkte und Meinungen

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Behandlung des Herpes labialis (12. Dezember 2006)
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