Zonisamid

Synopsis

Rimonabant (Acomplia®) wird zur Behandlung der Adipositas empfohlen.

Chemie/Pharmakologie

Zonisamid wurde bereits vor über 30 Jahren entwickelt und wird in Japan und den USA seit längerem verwendet. Chemisch handelt es sich um ein Benzisoxazol-Derivat, das eine Sulfonamid-Gruppe enthält. Der antiepileptische Wirkungsmechanismus ist noch nicht genau bekannt. Man geht davon aus, dass Zonisamid spannungsabhängige Natrium- und Kalziumkanäle blockiert, was zur Stabilisierung von Nervenzellmembranen beiträgt; möglicherweise verstärkt es auch die Hemmwirkung von Gamma-Aminobuttersäure (GABA). Ferner scheint Zonisamid als neuroprotektiver Radikalfänger zu fungieren und die synaptische Konzentration von Serotonin oder Dopamin zu erhöhen. Die Substanz ist ein schwacher Karboanhydrasehemmer, was aber für die antiepileptische Wirkung nicht als wesentlich betrachtet wird.(1,2)

Pharmakokinetik

Nach oraler Einnahme von Zonisamid vergehen zwischen 2 und 5 Stunden, bis sich die maximale Plasmakonzentration vorfindet. Die biologische Verfügbarkeit erreicht nahezu 100%. Zonisamid wird zu einem grossen Teil in der Leber abgebaut, zu etwa 50% über eine CYP3A4-vermittelte Reduktion und zu 20% über eine N Azetylierung; Metaboliten und unveränderte Substanz werden hauptsächlich über die Nieren ausgeschieden. Die Halbwertszeit beträgt 60 Stunden. Bei Verschlechterung der Nierenfunktion nimmt die renale Zonisamid- zusammen mit der Kreatinin-Clearance ab. Zur Pharmakokinetik bei Leberinsuffizienz gibt es praktisch keine Daten.(2-4)

Klinische Studien

In vier placebokontrollierten Doppelblindstudien ist Zonisamid als Zusatztherapie bei therapierefraktären fokalen Anfällen (mit oder ohne sekundäre Generalisierung) geprüft worden, das heisst bei Epilepsiekranken, die trotz einer Behandlung mit herkömmlichen Antiepileptika noch unter mindestens vier Anfällen pro Monat litten.

Diejenige Studie, die unter diesen vier aufgrund der Behandlungsdauer und der Grösse des Kollektivs als die aussagekräftigste hervorsticht, umfasste 347 Personen. Es wurden vier Gruppen gebildet: zusätzlich zur vorbestehenden antiepileptischen Therapie erhielten die ersten drei Gruppen Zonisamid in unterschiedlicher Dosis (100, 300 oder 500 mg/Tag, jeweils auf zwei Dosen verteilt), die vierte Placebo. In allen Zonisamid-Gruppen begann man mit einer Dosis von 50 mg/Tag; in einer 6 wöchigen Titrationsphase wurde danach auf die Zieldosis erhöht, mit der die Behandlung während 18 Wochen weitergeführt wurde. Als primäre Endpunkte bestimmte man einerseits die prozentuale Abnahme von komplexen fokalen Anfällen ohne Generalisierung, andererseits die Ansprechrate. Letztere war definiert als Anteil der Personen, bei denen die Häufigkeit solcher Anfälle um mindestens 50% sank. Unter Zonisamid betrug die mediane Reduktion der Anfallsfrequenz mit der niedrigsten Dosis 11%, mit der mittleren 32% und mit der hohen Dosis 44%; unter Placebo waren es 17%. Die Ansprechrate erreichte in den Zonisamid-Gruppen 23%, 30% bzw. 45% und bei Placebo 22%.(5)

Die vier Studien sind auch in einer Cochrane-Übersicht zusammengefasst worden. Dabei wurde errechnet, dass Zonisamid (300 bis 500 mg/Tag) bei therapierefraktären fokalen Anfällen die Ansprechrate im Vergleich zu Placebo etwas mehr als verdoppelt. Von 6 Personen, denen man Zonisamid verabreicht, wird 1 von einer mindestens 50%-igen Abnahme der Anfallshäufigkeit profitieren können (NNT=6).(6)

Zur längerfristigen Behandlung gibt es nur Erfahrungen von offen geführten Untersuchungen; sie lassen annehmen, dass die antiepileptische Wirkung von Zonisamid auch über mehrere Jahre anhält.(1,7)
Viele zusätzliche Daten stammen aus Japan. Darunter findet sich eine Doppelblindstudie, in der sich Zonisamid – als Zusatzbehandlung bei therapierefraktären fokalen Anfällen – als ungefähr gleich wirksam erwies wie Carbamazepin (Tegretol® u.a.); der Studienbericht steht allerdings nur als kurze Zusammenfassung zur Verfügung. Auch existieren – unkontrollierte – Untersuchungen, in denen Zonisamid als Monotherapie oder bei Kindern verabreicht wurde.(1,7)

Unerwünschte Wirkungen

Zonisamid ruft häufig neurologische oder psychiatrische Probleme hervor, namentlich Schläfrigkeit, Schwindel, Kopfschmerzen, Agitiertheit, Verwirrtheit, Konzentrationsstörungen, Depressionen, Ataxie und Doppelbilder. Etliche Behandelte klagen über Appetit- und Gewichtsverlust oder über andere gastrointestinale Beschwerden (Übelkeit, Bauchschmerzen). Auch Hautausschläge können vorkommen; ferner sind Fälle von Stevens Johnson-Syndrom, toxischer epidermaler Nekrolyse und anderen Überempfindlichkeitsreaktionen (z.B. Zytopenien) beschrieben. Zonisamid erhöht das Risiko von Nierensteinen, möglicherweise als eine Folge der Karboanhydrase-Hemmung. Vor allem bei Kindern ist vermindertes Schwitzen beschrieben, das unter Umständen auch in einen Hitzschlag münden kann.(2,3)

Interaktionen

CYP3A4-Induktoren, darunter andere Antiepileptika wie Carbamazepin, Phenytoin oder Phenobarbital, verkürzen die Halbwertszeit von Zonisamid um bis zu 50%; dagegen haben CYP3A4-Hemmer keinen wesentlichen Einfluss auf dessen Elimination. Zonisamid selbst zeigt keine nennenswerten Effekte auf den Metabolismus von anderen Substanzen.
Zonisamid hat in Bezug auf Struktur und Nebenwirkungen gewisse Ähnlichkeiten mit Topiramat (Topamax®); es ist deshalb davon auszugehen, dass sich die beiden Mittel in ihrer Toxizität verstärken können.(8) Dasselbe gilt für eine Kombination von Zonisamid mit dem Karboanhydrasehemmer Acetazolamid (Diamox® u.a.).

Dosierung, Verabreichung, Kosten

Zonisamid (Zonegran®) wird in Form von Kapseln zu 25, 50 und 100 mg angeboten. Die empfohlene Anfangsdosis liegt bei 50 mg/Tag. Die Dosis kann in wöchentlichen Abständen auf 300 bis 500 mg/Tag gesteigert werden. Während der Titrationsphase soll die Tagesdosis auf zwei Gaben verteilt werden, später kann auf eine einmal tägliche Verabreichung gewechselt werden. Das Mittel soll bei ausgeprägter Leber- oder Niereninsuffizienz sowie einer Allergie gegenüber Sulfonamiden nicht verwendet werden. Zonisamid wird aufgrund von Tierversuchen als teratogen eingestuft und soll im Prinzip während der Schwangerschaft nicht verabreicht werden. Auch tritt die Substanz in die Muttermilch über, so dass unter Zonisamid nicht gestillt werden sollte. Bei Kindern und Jugendlichen unter 16 bis 18 Jahren ist Zonisamid nicht zugelassen (auch wenn es in Japan relativ umfangreich so eingesetzt worden ist), weil kein positives Nutzen Risiko-Verhältnis dokumentiert ist.

Zonisamid ist kassenzulässig und kostet in einer Tagesdosis von 300 bis 500 mg 252.10 bis 420.15 Franken pro Monat. Andere neuere Antiepileptika mit einem ähnlichen Indikationsgebiet sind zum Teil als Generika erhältlich. Der Preis beträgt bei Lamotrigin (Lamictal® u.a., 100 bis 400 mg/Tag) 47.35 bis 189.35 Franken, bei Levetiracetam (Keppra®, 1000 bis 3000 mg/Tag) 140.10 bis 401.20 Franken, bei Topiramat (Topamax®, 200 bis 400 mg/Tag) 184.15 bis 305.10 Franken und bei Gabapentin (Neurontin® u.a., 900 bis 2400 mg/Tag) 50.10 bis 111.45 Franken.

Kommentar

Für ein Medikament, das in bestimmten Ländern schon fast jahrzehntelang eingesetzt wird, ist Zonisamid erstaunlich wenig dokumentiert. Vor allem vermisst man Vergleiche mit anderen neueren Antiepileptika, die mögliche Vorzüge von Zonisamid offenlegen würden. Die Liste der Nebenwirkungen lässt Zweifel aufkommen, dass Zonisamid besser verträglich ist als andere Antiepileptika. Dass Zonisamid zum Beispiel im Falle einer Überempfindlichkeitsreaktion wegen der langen Halbwertszeit tagelang braucht, bis es endgültig eliminiert ist, gehört sicher nicht zu den günstigen Eigenschaften. Auch von der Preisspanne her ist es unter den konkurrierenden Produkten das teuerste. Selbst wenn Zonisamid für einzelne Patienten und Patientinnen hilfreich sein kann, wird man es kaum als relevante Bereicherung der Epilepsiebehandlung einstufen.

Standpunkte und Meinungen

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Zonisamid (13. Dezember 2007)
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pharma-kritik, 29/No. 10
PK186
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