Pemetrexed

Synopsis

Pemetrexed (Alimta®) ist ein Zytostatikum, das beim Pleuramesotheliom und nicht-kleinzelligen Bronchuskarzinom empfohlen wird.

Chemie/Pharmakologie

Pemetrexed ist strukturell der Folsäure ähnlich und wirkt als Folsäureantagonist bzw. Antimetabolit. Es hemmt die Thymidylat- Synthetase, die bei der DNS-Synthese den Schritt von Desoxyuridin- zu Desoxythymidin-Monophosphat katalysiert. Auch andere Folsäure-abhängige Enzyme wie die Dihydrofolat- Reduktase und die Glycinamid-Ribonukleotid-Formyltransferase werden blockiert, die beide an der Purinsynthese beteiligt sind. Etwas vereinfacht lässt sich sagen, in Pemetrexed vereinigten sich Eigenschaften von Fluorouracil und Methotrexat.

Pemetrexed lässt sich als «Prodrug» verstehen, da es in die Zellen transportiert und dort über die Folylpolyglutamat- Synthetase zur Pentaglutamat-Form umgewandelt wird, die weitaus aktiver ist und länger in den Zellen verbleibt als die Muttersubstanz.(1-3)

Pharmakokinetik

Pemetrexed, das man intravenös verabreicht, wird grösstenteils in unveränderter Form mit dem Urin ausgeschieden; in der Niere wird es sowohl tubulär sezerniert als auch glomerulär filtriert. Die Halbwertszeit liegt bei 3,5 Stunden. Bei Niereninsuffizienz verlangsamt sich die Pemetrexed-Elimination; so errechnete sich für eine mittelgradige Funktionsstörung (Clearance=45 ml/min) eine um 56% grössere Fläche unter der Konzentrations-Zeit- Kurve (AUC) als bei Nierengesunden.(3)

Klinische Studien

Pemetrexed ist bei verschiedenen soliden Tumoren geprüft worden. Je eine grosse kontrollierte Studie wurde beim Pleuramesotheliom und beim nicht-kleinzelligen Bronchuskarzinom durchgeführt, den zwei offiziellen Anwendungsgebieten. In beiden Untersuchungen bildete die Überlebenszeit den primären Studienendpunkt. Pemetrexed und die Vergleichssubstanzen wurden einmal alle 3 Wochen infundiert. Zur Verminderung von Pemetrexed-bedingten Nebenwirkungen (siehe unten) wurde in beiden Studien auch Folsäure (0,35 bis 1 mg/ Tag), Vitamin B12 (1 mg intramuskulär alle 9 Wochen) und Dexamethason (Fortecortin® u.a., 8 mg/Tag) verschrieben.

448 an einem inoperablen Pleuramesotheliom erkrankte Personen – in fast 80% der Fälle lag ein Tumorstadium III oder IV vor – wurden alle mit Cisplatin (Platinol® u.a., 75 mg/m²) und zusätzlich einfachblind mit Pemetrexed (500 mg/m²) oder mit Placebo behandelt. Die mediane Überlebenszeit betrug unter der Cisplatin-Pemetrexed-Kombination 12,1 Monate, unter Cisplatin allein 9,3 Monate.(4)

In einer offen geführten Studie befasste man sich mit 571 Patienten und Patientinnen, bei denen ein fortgeschrittenes nicht-kleinzelliges Bronchuskarzinom bestand und die bereits eine Chemotherapie erhalten hatten. Sie erhielten eine zweite Chemotherapie mit Pemetrexed (500 mg/m²) oder mit Docetaxel (Taxotere®, 75 mg/m²). Die mediane Überlebenszeit erreichte in der Pemetrexed-Gruppe 8,3 Monate und in der Docetaxel- Gruppe 7,9 Monate. Auch Symptome wie Dyspnoe, Husten, Hämoptoe, Müdigkeit, Anorexie oder Schmerzen wurden in beiden Gruppen in ähnlichem Mass gelindert.(5) Allerdings war die Studie nach dem sogenannten «Non-inferiority»- Prinzip angelegt, unter der entsprechenden Annahme, dass Pemetrexed nicht schlechter wirksam sei als Docetaxel; diese Hypothese liess sich – da die Streuung des Vertrauensintervalls zu breit blieb – formal nicht hundertprozentig verifizieren.

Unerwünschte Wirkungen

Pemetrexed verursacht typische Zytostatika-Nebenwirkungen wie Anämie, Leukopenie, Thrombopenie, Übelkeit, Erbrechen, Stomatitis, Diarrhoe und Müdigkeit; einzelne Personen, die Pemetrexed erhalten haben, sind infolge einer schweren Neutropenie gestorben. Relativ oft wurde über Ausschläge, Juckreiz und andere Hautreaktionen geklagt. Auch Haarausfall, Neuropathie und Transaminasen-Erhöhung sind vorgekommen.

Interaktionen

Nicht-steroidale Entzündungshemmer, besonders in höherer Dosis, vermindern die renale Clearance von Pemetrexed. Die Ausscheidung von Pemetrexed nimmt möglicherweise auch ab in Kombination mit Substanzen, die nephrotoxisch sind (z.B. Platinderivate, Aminoglykoside, Ciclosporin) oder die tubulär sezerniert werden (Penicillin, Probenecid).(3,6)

Dosierung, Verabreichung, Kosten

Pemetrexed (Alimta®) gibt es als 500-mg-Durchstechflasche zum Herstellen einer Infusionslösung. Es wird als 10-minütige Infusion in der Dosis von 500 mg/m² alle 3 Wochen verabreicht und ist zugelassen beim Pleuramesotheliom (zusammen mit Cisplatin) und als Zweit-Chemotherapie beim nichtkleinzelligen Bronchuskarzinom. Die Behandlung mit Pemetrexed muss von einer Folsäure- und Vitamin-B12-Gabe begleitet sein, um das Risiko von hämatologischen und anderen Nebenwirkungen zu minimieren; auch soll man zur Prophylaxe von Hautreaktionen Dexamethason oder ein anderes Kortikosteroid verabreichen. Bei einer Kreatininclearance unter 45 ml/min wird von einer Pemetrexed-Gabe abgeraten. Die Anwendung in der Schwangerschaft ist kontraindiziert, und unter Pemetrexed sollte nicht gestillt werden.

Pemetrexed ist kassenzulässig. Eine Flasche mit 500 mg kostet 2138.10 Franken; in der Regel werden Erwachsene pro Infusion zwei Flaschen benötigen, weshalb Kosten von rund 4276 Franken entstehen. Bei Docetaxel als direkter Konkurrenzsubstanz kommt man auf einen Vergleichsbetrag von rund 2200 Franken.

Kommentar

Noch lässt sich nicht abschätzen, ob Pemetrexed als ein «Super-Folsäureantagonist» zum Beispiel den Platz von Methotrexat zurückerobert, dessen Rolle in der Onkologie nicht mehr so bedeutend ist. Als relativ fundiert kann einstweilen nur der Einsatz beim Pleuramesotheliom angesehen werden, bei dem es in Kombination mit Cisplatin einen gewissen Überlebensvorteil gegenüber der Cisplatin-Monotherapie verspricht. Allerdings stellt die Cisplatin-Therapie nicht eine klar etablierte Standardbehandlung dar.(7)Bei der zweiten Indikation, der Rezidivbehandlung des nicht-kleinzelligen Bronchuskarzinoms, ist Pemetrexed eine fast doppelt so teure, offenbar aber etwas besser verträgliche Alternative zu Docetaxel. Dies darf aber nicht darüber hinwegtäuschen, dass Pemetrexed wie die meisten Zytostatika eine nebenwirkungsreiche Substanz ist; so muss man – umso mehr in Palliativsituationen, in denen Pemetrexed verschrieben würde – immer auch den möglichen Nutzen gegenüber der vermehrten Toxizität abwägen.

Standpunkte und Meinungen

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Pemetrexed (16. April 2008)
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pharma-kritik, 29/No. 17
PK197
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