Arzneimittelfragen in der Schwangerschaft

Synopsis

Seit der Thalidomidkatastrophe gehört es zum Allgemeinwissen, dass Medikamente in der Schwangerschaft zu Problemen führen können. Behandlungsbedürftige Erkrankungen treten jedoch bei schwangeren Frauen mit ähnlicher Häufigkeit auf wie bei anderen jungen Leuten. Fragen zur Therapie in der Schwangerschaft gehören deshalb zu den häufigsten Fragen, die an Arzneimittel-Informationszentren gestellt werden. Dies gilt auch für unser unabhängiges Zentrum «info-pharma». Im folgenden Text sind mögliche Antworten zu einigen dieser Fragen zusammengestellt. Komplexere Probleme wie z.B. die Diabetestherapie in der Schwangerschaft bleiben einer ausführlicheren Besprechung vorbehalten. Eine pharma-kritik-Nummer über Impfungen in der Schwangerschaft ist in Vorbereitung.

Allgemeine Überlegungen

Absolute Sicherheit, dass ein Medikament keinerlei Auswirkungen auf das ungeborene Kind hat, gibt es nicht. Für Medikamente, die in den letzten fünf bis zehn Jahren neu eingeführt worden sind, fehlen in der Regel Erfahrungen zur Anwendung in der Schwangerschaft. Entsprechend sollten diese Medikamente mindestens im ersten Drittel der Schwangerschaft, besser aber während der ganzen Schwangerschaft ganz vermieden werden.

Für Medikamente, die schon seit vielen Jahren bis Jahrzehnten zur Verfügung stehen, kann dagegen ein einigermassen zuverlässiger Kenntnisstand vermutet werden. Mit anderen Worten: die Substanzen, die Probleme verursachen, sind weitgehend identifiziert.(1)
Entsprechende Informationen sind im Internet oder auf CD verfügbar.(2,3) Sind keine Probleme bekannt, so ist mindestens nicht mit einer hohen Inzidenz von Fehlbildungen oder anderen fetalen Erkrankungen zu rechnen. Es sind diese Medikamente, die am ehesten eingesetzt werden können.

Auch rezeptfreie Medikamente sollten in der Schwangerschaft nur nach genauer Beratung durch Fachpersonen eingenommen werden.

Teratogene Effekte beruhen vorwiegend auf Arzneimitteleinwirkungen während der Organogenese, d.h. zwischen 3 und 8 Wochen nach der Konzeption. Man nimmt an, dass frühere Einwirkungen (in den ersten beiden Schwangerschaftswochen) eine «Alles oder Nichts»-Wirkung haben - entweder überlebt der Embryo intakt oder er stirbt. Arzneimittelwirkungen nach der achten Schwangerschaftswoche können die funktionelle Entwicklung oder das Wachstum des Fetus beeinträchtigen.

Die Plazenta ist nur in den seltensten Fällen eine Barriere gegenüber systemisch wirksamen Arzneimitteln. Mit Ausnahme von Substanzen mit hohem Molekulargewicht (wie zum Beispiel die Heparine) gelangen Arzneimittel aus dem mütterlichen Kreislauf obligat auch in den Kreislauf des Kindes. Teratogene Wirkungen sind wahrscheinlich dosisabhängig, weshalb Dosis und Blutspiegel von Bedeutung sind.

Symptomtherapie

Brechreiz & Erbrechen

Brechreiz und Erbrechen sind die unangenehmsten Symptome der Frühschwangerschaft. Über die Hälfte aller Schwangeren klagt wenigstens zeitweise über Übelkeit. In den meisten Fällen verschwindet aber nach einigen Wochen der Brechreiz von selbst. In Anbetracht dieser Perspektive ist es vielen Frauen möglich, ohne Medikamente auszukommen und sich lediglich auf diätetische Massnahmen oder allenfalls nicht-systemische alternative Therapien zu beschränken. Akupressur ist eine der alternativen Optionen, einigermassen dokumentiert, jedoch nur teilweise wirksam.(4) Einzelne Fachleute empfehlen, frühmorgens eine kleine kohlenhydratreiche, trockene Mahlzeit einzunehmen. Nicht immer gelingt es aber, Brechreiz und Erbrechen nicht-medikamentös unter Kontrolle zu bringen. Bei Frauen, die wegen vorbestehenden Krankheiten (z.B. einer Epilepsie) behandelt werden, ist eine antiemetische Therapie besonders wichtig, da infolge des Erbrechens die notwendigen Medikamentenspiegel eventuell nicht mehr erreicht werden.

Niedrigdosiertes Pyridoxin (Vitamin B6, 30 bis 50 mg/Tag, z.B. Vitamin B6 Streuli) ist ein wahrscheinlich risikoarmes Antiemetikum. Seine Wirksamkeit gegen Brechreiz wurde in einzelnen Doppelblindstudien nachgewiesen, gegen das Erbrechen ist die Wirkung jedoch unsicher.(lit)
Allgemein gelten auch Kombinationen von Pyridoxin und Antihistaminika wie z.B. Itinerol® B6, das auch Meclozin und Coffein enthält, als wirksam und frei von bekannten teratogenen Risiken.

Ingwer soll trotz einer möglichen plättchenhemmenden Wirkung ebenfalls bedenkenlos gegeben werden können; ein kommerziell erhältliches Ingwerwurzel-Präparat heisst Zintona®. Die Wirkung von Ingwer ist allerdings kaum dokumentiert.

Als weitere Medikamente, von denen bisher keine teratogenen Wirkungen bekanntgeworden sind, können genannt werden: Metoclopramid (Paspertin® u.a.), Cyclizin (Marzine®) und Promethazin (Phenergan®). Diese Substanzen sind in der Regel gut wirksam; weder die Antihistaminika noch Metooclopramid können aber als völlig problemlos bezeichnet werden. Bei jungen Frauen ist besonders an die Möglichkeit der extrapyramidalen Nebenwirkungen von Metoclopramid zu denken.

Die Hyperemesis gravidarum stellt eine besonders bedrohliche Form des Schwangerschaftserbrechens mit bedeutsamem Flüssigkeits- und Elektrolytverlust dar. Diese Frauen müssen oft hospitalisiert und mit parenteralen Antiemetika, allenfalls sogar mit Ondansetron (Zofran®) oder Kortikosteroiden behandelt werden.

Grippale Infekte

In der Schwangerschaft ist es noch wichtiger als sonst, die Symptomtherapie soweit möglich mit lokalen Therapeutika oder wenigstens mit Monopräparaten durchzuführen. Lutschtabletten ohne systemisch wirksame Komponenten, Gurgelmittel, Nasensprays usw. bringen oft Linderung. Kombinationspräparate, die neben einem Analgetikum/Antipyretikum oft ein Antihistaminikum, ein Sympathomimetikum und zum Teil noch weitere Komponenten enthalten, sind mindestens im ersten Schwangerschaftsdrittel nicht Mittel der Wahl.

Vor dem Verschreiben oder der rezeptfreien Abgabe eines solchen Mittels sollte genau bedacht werden, welche Risiken allenfalls vorhanden sind: Die Acetylsalicylsäure (Aspirin® u.a.) ist gegen Ende der Schwangerschaft grundsätzlich zu vermeiden, da sich verschiedene Probleme (Plättchenhemmung, Geburtsverzögerung, vorzeitiger Verschluss des Ductus Botalli) nicht sicher ausschliessen lassen. Paracetamol (z.B. Treuphadol®) kann meistens ohne Bedenken eingesetzt werden.

Hustensedativa (Antitussiva) sollten nur mit grösster Zurückhaltung verwendet werden. Weder Codein (z.B. Codein Knoll) noch Dextromethorphan (z.B. Bexin®) ist sicher frei von teratogenen Wirkungen. In hohen Dosen haben auch beide zentralnervöse Nebenwirkungen und ein nicht zu vernachlässigendes Suchtrisiko.(6)
Mukolytika und insbesondere Acetylcystein (z.B. Fluimucil®), das sehr häufig verwendet wird, sind dagegen harmlos. (Bei Paracetamol-Vergiftungen darf man auch in der Schwangerschaft keinesfalls zögern, die notwendigen hohen Acetylcysteindosen einzusetzen.)

Bei der oralen Verabreichung von Sympathomimetika wie Phenyl-ephrin (z.B. in Neo-Citran®) oder Pseudoephedrin (z.B. in Benical®) ist daran zu denken, dass diese Adrenergika den Blutdruck ansteigen lassen. Nur kurzfristig verwendete Antihistaminika verursachen in der Schwangerschaft keine Probleme.

Alkohol- und jodhaltige Präparate sind in der Schwangerschaft zu vermeiden. Zu warnen ist auch vor der Anwendung von «Kräuterpräparaten», deren Wirksamkeit und Verträglichkeit in der Schwangerschaft kaum je genügend dokumentiert ist.(lit)

Juckreiz

Generalisierter Juckreiz im letzten Drittel der Schwangerschaft kann mit einer intrahepatischen Cholestase in Zusammenhang stehen. Die Erkrankung wird mit einer vererbten Überempfindlichkeit auf Östrogene erklärt.(8) Eine entsprechende diagnostische Klärung ist indiziert, weil ein cholestatischer Pruritus mit einer erhöhten kindlichen Mortalität (Totgeburten, Frühgeburten) assoziiert ist.

Leichte Formen von cholestatisch bedingtem Pruritus können mit der lokalen Applikation von juckreizlindernden Hautpflegemitteln behandelt werden. Colestyramin (Quantalan®) hat den Vorteil eines nicht-systemischen Wirkungsmodus, beeinträchtigt jedoch die Resorption der fettlöslichen Vitamine. Mehrere neuere Studien haben auch die Wirksamkeit von Ursodeoxycholsäure (De-ursil® u.a.) nachgewiesen.(9)

Andere Formen von Juckreiz sollten nach Möglichkeit ebenfalls primär mit lokalen Mitteln behandelt werden. Die vorübergehende Verabreichung eines Antihistaminikums wie z.B. Hydroxyzin (Atarax®) ist auch im ersten Schwangerschaftstrimester erlaubt.

Magenbrennen

Sehr viele schwangere Frauen sind von Magenbrennen und gastro-ösophagealem Reflux betroffen - verschiedene Quellen nennen Inzidenzen zwischen 30 und 85%. In der Schwangerschaft ist wahrscheinlich infolge der hormonalen Umstellung der Tonus des unteren Ösophagussphinkters reduziert. Einzelne Frauen haben sehr starke Oberbauchbeschwerden und Refluxsymptome; eine Behandlung ist in diesen Fällen unerlässlich.

Unter den nicht-medikamentösen Massnahmen können genannt werden: kleine, kohlenhydratreiche Mahlzeiten; das Weglassen von Speisen oder Getränken, die das Magenbrennen auslösen; das Vermeiden von Körperstellungen, die einen Reflux begünstigen und das Höherstellen des Kopfendes des Bettes. Bei mittelstarken Refluxbeschwerden wird geraten, zunächst Antazida oder Sucralfat (Ulcogant® u.a.) zu versuchen, da diese kaum resorbiert werden.(10)
Genügen diese nicht, so können H2-Rezeptorantagonisten in Betracht gezogen werden: Obwohl diese teilweise rezeptfreien Medikamente wohl nicht selten in der Schwangerschaft zum Einsatz gelangen, liegen nur wenig Untersuchungen dazu vor.

Gemäss einer Fall-Kontroll-Studie des kanadischen Motherisk-Programms sind Fehlbildungen nach einer entsprechenden Exposition nicht häufiger als es dem Basisrisiko von Fehlbildungen entspricht.(11)

Einige wenige Daten sind auch zu Omeprazol (Antra®) vorhanden; Anhaltspunkte für eine teratogene Wirkung liegen aber nicht vor. Da man vorläufig aber über sehr viel mehr Erfahrungen mit Ranitidin (Zantic® u.a.) verfügt, soll diesem in der Schwangerschaft der Vorzug gegeben werden.(lit)
Migräne

Frauen, die vor der Schwangerschaft an Migräne leiden, haben sehr oft in den zwei späteren Schwangerschaftstrimestern weniger Migräneattacken. In Einzelfällen kann sich eine Migräne aber auch erstmalig in der Schwangerschaft manifestieren.

Soweit möglich sollten in der Schwangerschaft nicht-medikamentöse Massnahmen optimal eingesetzt werden (Entspannung, Schlaf, Massage, Eispackungen, Biofeedback). Akute Attacken werden am besten mit gewöhnlichem Paracetamol (als Suppositorium) behandelt. Aber auch die Acteylsalicylsäure und Ibuprofen (Brufen®) sollen bei episodischem Einsatz in den ersten beiden Schwangerschaftsdritteln kein nennenswertes Risiko darstellen.(12)

Medikamente mit vasokonstriktorischen Eigenschaften wie Ergotamin und Derivate sowie Sumatriptan (Imigran®) oder andere Triptane dürfen in der Schwangerschaft nicht verwendet werden.

Eine medikamentöse Migräneprophylaxe kann ausnahmsweise auch in der Schwangerschaft notwendig sein; Propranolol (Inderal® u.a.) gilt als akzeptabel, ist jedoch mit intrauterinen Wachstumsstörungen in Verbindung gebracht worden.

Obstipation

Besonders gegen das Ende der Schwangerschaft klagen viele Schwangere über Verstopfung. Die Ursachen liegen in hormonal bedingten Veränderungen der gastro-intestinalen Motilität und der Flüssigkeitsresorption, in Mangel an Bewegung und natürlich im Umstand, dass die Gebärmutter auf den Darm drückt. Die Behandlung ist primär nicht-medikamentös und beruht auf einer faserreichen Diät (Früchte, Gemüse, eventuell Kleie) und reichlicher Flüssigkeitszufuhr sowie genügender Bewegung.

Wenn doch Arzneimittel notwendig sind, so sind Ballaststoffe wie Flohsamenpräparate (Psyllium, z.B. Metamucil®) oder Sterculia-Gummi (z.B. Colosan®) Mittel der Wahl; Lactulose (Gatinar® u.a.) oder Lactitol (Importal®) sind mögliche Alternativen. In amerikanischen Texten wird oft Docusat (Norgalax®) empfohlen. Einzelne Fachleute geben kurzfristig auch Senna-Präparate (z.B. Pursennid®). Stimulierende Laxantien sind aber alle mit dem Risiko einer Wehenanregung verbunden.

Schlafstörungen

Auch Schlafstörungen sind in der Schwangerschaft nicht selten. Im letzten Drittel der Schwangerschaft klagen die Frauen oft über unruhigen Schlaf, Albträume und nächtliche Lumbalgien oder Wadenkrämpfe.(13)
Einmal mehr liegt das Schwergewicht der Behandlung im nicht-medikamentösen Bereich. Es wird empfohlen, eine gute Schlafhygiene und Entspannungstechniken zu pflegen und allfällige andere Symptome, die für die Schlafstörung mitverantwortlich sein könnten, zu behandeln.

Schlafmittel sollten möglichst vermieden werden.

Informationen zu den Benzodiazepinen sind teilweise widersprüchlich: Die Vermutung, im ersten Schwangerschaftsdrittel verabreichte Benzodiazepine könnten für verschiedene Fehlbildungen (Hasenscharte, Herzfehler, zentralnervöse Anomalien) verantwortlich sein,(14) liess sich in weiteren Untersuchungen nicht einheitlich bestätigen.Gemäss einer neueren Metaanalyse zeigen Kohortenstudien zwar keinen Zusammenhang zwischen Benzodiazepin-Exposition und Fehlbildungen. Fasst man jedoch die vorhandenen Fall-Kontroll-Studien zusammen, so zeigt sich ein signifikant erhöhtes Risiko für Fehlbildungen nach Benzodiazepinen im ersten Schwangerschaftsdrittel.(15)

Verabreichung von Benzodiazepinen im dritten Schwangerschaftsdrittel kann zum «Floppy Infant Syndrome» und zu Entzugserscheinungen beim Neugeborenen führen.(16) Wenn Benzodiazepine in der Schwangerschaft gegeben werden müssen, so sollte die kleinste mögliche Dosis während der kürzesten möglichen Zeit verwendet werden. Daten zu anderen Schlafmitteln sind so spärlich, dass von der Anwendung abgeraten werden muss.






Infektionskrankheiten

Bakterielle Vaginose

Die bakterielle Vaginose ist gekennzeichnet durch ein Überwuchern bestimmter vaginaler Keime (Gardnerella vaginalis, genitale Anaerobier, Mykoplasmen), wobei die normalerweise vorhandenen Laktobazillen abnehmen. Die Vaginose ist nicht nur für den vaginalen Ausfluss verantwortlich, sondern kann auch zu Infekten im oberen Genitale führen. Eine bakterielle Vaginose in der Frühschwangerschaft ist nach heutigen Erkenntnissen die Ursache von zahlreichen Schwangerschaftskomplikationen (vorzeitige Wehen, Frühgeburten, vorzeitiger Blasensprung, Chorioamnionitis).(17) Bei Schwangeren, die eine Frühgeburten-Anamnese haben, sollten deshalb entsprechende Untersuchungen durchgeführt werden.

Als Mittel der Wahl wird Metronidazol per os (Flagyl® u.a.) bezeichnet. Es stellt auch im ersten Trimester keine Gefahr für das Kind dar. Die Dosisempfehlungen variieren; mindestens sollen 3mal täglich 250 mg Metronidazol während sieben Tagen gegeben werden.(18)
Als Alternative wird die intravaginale Applikation von Clindamycin (Dalacin V®), ebenfalls während sieben Tagen, empfohlen. Kombinierte orale und vaginale Therapien sowie eine routinemässige Behandlung der Geschlechtspartner erscheinen nicht notwendig.(lit)

Chlamydien-Infekte

Chlamydien-Infekte können unspezifische Beschwerden wie Urethritis, Salpingitis oder Zervizitis verursachen oder auch symptomlos bleiben. Unbehandelt begünstigen sie das Auftreten von Früh- und Mangelgeburten sowie von Endometritis oder Salpingitis im Postpartum. Bei der Geburt werden Chlamydien auf 60 bis 70% der Neugeborenen übertragen; diese können an Konjunktivitis, Blepharitis oder Pneumonie erkranken. Ein entsprechendes Screening und eine Behandlung sind deshalb notwendig.

Bis vor kurzem wurde Erythromycin (z.B. Erythrocin®) als Mittel der Wahl bezeichnet. Eine initiale Therapie mit Amoxicillin (z.B. Clamoxyl®, 3mal täglich 500 mg für 1 Woche) ist jedoch gastrointestinal besser verträglich. Wenn damit keine Eradikation erreicht wird, kann mit Azithromycin (Zithromax®, eine einzelne Dosis zu 1000 mg) nachbehandelt werden.(19)
Chinolone und Tetrazykline sind in der Schwangerschaft kontraindiziert.

Harnwegsinfekte

Infektionen der Harnwege sind die häufigsten bakteriellen Infektionen bei schwangeren Frauen; eine akute Pyelonephritis ist zudem einer der häufigsten Gründe, weshalb eine Frau während der Schwangerschaft hospitalisiert werden muss. Harnwegsinfekte stellen sowohl für die Mutter wie für das Kind eine Gefahr dar; unter den fetalen Risiken sind ein möglicher Abort, vorzeitige Wehen, geringes Geburtsgewicht, fetale Infekte und perinatale Todesfälle zu nennen.

Bei rund 10% der Schwangeren findet sich eine asymptomatische Bakteriurie. Entsprechende Urinuntersuchungen und eine Behandlung sind unerlässlich. In der Mehrzahl der Fälle sind E. coli oder andere Darmkeime nachweisbar.

Das Antibiotikum wird am besten aufgrund einer Kultur von Mittelstrahlurin gewählt. Amoxicillin gilt als gute Wahl.(20) Es sollte während 7 bis 10 Tagen verabreicht werden. Als Alternativen kommen Nitrofurantoin (Furadantin® u.a.) und Cephalosporine in Frage. Chinolone, Cotrimoxazol (Bactrim®) und Tetrazykline dürfen nicht verwendet werden.

Vulvovaginaler Soor

Vulvovaginale Candida-Infekte sind während der Schwangerschaft 10- bis 20mal häufiger als ausserhalb der Schwangerschaft. Eine Behandlung ist notwendig, um die Symptome zum Verschwinden zu bringen und eine Candida-Infektion des Feten zu verhindern. Die Behandlung der Wahl ist die Applikation eines Azol-Antimykotikums (z.B. Clotrimazol = Canesten® u.a.) tief in der Vagina.(21) Zur Verfügung stehen Cremen und Vaginaltabletten. Orale Antimykotika sind in der Schwangerschaft kontraindiziert. Rückfälle sind nicht selten; eventuell sollte auch der Partner behandelt werden.










Beratung

Nicht alle Schwangerschaften sind geplant. So ist es unvermeidlich, dass viele Frauen in den ersten Wochen einer Schwangerschaft manchmal Medikamente einnehmen. Diese Frauen machen sich dann aus verständlichen Gründen grosse Sorgen und vermuten ein sehr hohes Risiko von kindlichen Fehlbildungen. Tatsache ist aber, dass Medikamente nur bei einem sehr kleinen Teil der 3 bis 5% aller Neugeborenen, die mit Fehlbildungen zur Welt kommen, die Ursache darstellen. Mit anderen Worten: In Unkenntnis einer Schwangerschaft eingenommene Medikamente, die zur Symptombehandlung oder gegen Infektionskrankheiten eingesetzt werden, haben in der Regel keine ungünstigen Folgen für das Kind. Ausnahmen sind Substanzen mit einem ungewöhnlich hohen Risiko wie z.B. Isotretinoin (Roaccutan®).

Um unnötige Bedenken zu vermeiden, sollten deshalb schwangere Frau ärztlicherseits möglichst umfassend über die Art und die Grössenordnung von arzneimittelbedingten Risiken informiert werden.(1) Anderseits ist es auch von Bedeutung, dass sich allgemein Frauen im gebärfähigen Alter nicht nur der medikamentösen Risiken, sondern auch anderer vermeidbarer Schwangerschaftsrisiken bewusst sind. Nur so lassen sich Fehlbildungen verhüten, die durch eine Rötelnerkrankung in der Schwangerschaft, durch ungenügende Folsäurezufuhr(22)
oder durch Alkoholeinwirkung verursacht sind.

Literatur

  1. 1) Koren G et al. N Engl J Med 1998; 338: 1128-37
  2. 2) Motherisk Internetsite: http://www.motherisk.org/
  3. 3) Informationen zu TERIS: weber.u.washington.edu/~terisweb/teris/
  4. 4) Aikins Murphy P. Obstet Gynecol 1998; 91: 149-55
  5. 5) Vutyavanich T et al. Am J Obstet Gynecol 1995; 173: 881-4
  6. 6) Darboe MN et al. Adolescence 1996; 31: 633-44
  7. 7) Ernst E. Am J Med 1998; 104: 170-8
  8. 8) Davidson KM. Semin Perinatol 1998; 22: 104-11
  9. 9) Palma J et al. J Hepatol 1997; 27: 1022-8
  10. 10) Broussard CN, Richter JE. Drug Saf 1998; 19: 325-37
  11. 11) Lalkin A et al. Can Fam Phys 1997; 43: 1923-4
  12. 12) Pfaffenrath V, Rehm M. Drug Saf 1998; 19: 383-8
  13. 13) Hertz G et al. Sleep 1992; 15: 246-51
  14. 14) Laegreid L et al. Lancet 1987; 1: 108-9
  15. 15) Dolovich LR et al. Br Med J 1998; 317: 839-43
  16. 16) McElhatton PR. Reprod Toxicol 1994; 8: 461-75
  17. 17) Kimberlin DF, Andrews WW. Semin Perinatol 1998; 22: 242-50
  18. 18) Joesoef MR et al. Clin Infect Dis 1999; 28 (Suppl 1) :S57-65
  19. 19) Hueston WJ, Lenhart JG. Arch Fam Med 1997; 6: 551-5
  20. 20) Millar LK, Cox SM. Infect Dis Clin North Am 1997; 11: 13-26
  21. 21) Sobel JD. N Engl J Med 1997; 337: 1896-903
  22. 22) Staub B, Gallmann N. pharma-kritik 1996; 18: 13-6

Standpunkte und Meinungen

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Arzneimittelfragen in der Schwangerschaft (23. März 1999)
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