Ektoparasiten

Ektoparasiten sind Insekten (sechsbeinig) oder Spinnentiere (achtbeinig), die auf Kosten anderer Lebewesen auf deren Haut leben oder sich dort, zum Beispiel Blut saugend, Nahrung verschaffen. Viele Ektoparasiten erlangen ihre Bedeutung dadurch, dass sie durch Mikroorganismen verursachte Krankheiten übertragen. Bei uns betrifft dies in erster Linie Zecken (Borreliose, Frühsommer-Meningoenzephalitis); in tropischen Ländern kommen Mücken (Malaria u.a.), Fliegen (Wurmerkrankungen) und Flöhe (Pest) dazu. Es gibt jedoch auch Ektoparasiten – wie Läuse und Milben –, die durch eine permanente Besiedelung zu spezifischen dermatologischen Problemen führen. Mit ihnen wird sich diese pharma-kritik-Nummer befassen. Auf Tiere wie Mücken und Flöhe, die temporären, akzidentellen Parasiten entsprechen, sowie auf Tiere mit Giftwaffen, die den Menschen schädigen können, wird nicht eingegangen. In einem ersten Teil werden die Erreger und ihre Krankheiten vorgestellt, in einem zweiten Teil wird auf die Medikamente eingegangen, die gegen diese Parasiten eingesetzt werden.

Läuse

Läuse, Verursacher von Pedikulosen, sind blutsaugende, flügellose Insekten, die weltweit vorkommen. Drei Arten, für die der Mensch einziger Wirt ist, besitzen medizinische Bedeutung: die Kopflaus (Pediculus capitis), die Kleiderlaus (Pediculus corporis) sowie die Filz- oder Schamlaus (Phthirus pubis).

Kopflaus

Kopfläuse, 2 bis 3 mm lang, finden sich am häufigsten bei Kindern zwischen 3 und 12 Jahren. Sie befallen ausschliesslich den Kopf, bevorzugt die Temporal- und Okzipitalregion (hinter den Ohren und am Nacken), und halten sich nahe der Kopfhaut auf, um mehrmals pro Tag Blut zu saugen. Die Übertragung geschieht meist via intensiven Kontakt mit anderen Menschen. Die Weibchen legen ovale, knapp 1 mm grosse Eier (Nissen) und kleben sie am Haarschaft fest; im Gegensatz zu Kopfschuppen, mit denen sie verwechselt werden können, lassen sie sich nicht ausschütteln oder wegschnippen. Nach einer Woche schlüpfen Nymphen, die nach zehn Tagen geschlechtsreif sind. Der gesamte Lebenszyklus dauert fünf Wochen.

Juckreiz, der übers Kratzen zu Exkoriationen führen kann, gilt bei Kopflaus-Befall als Hauptsymptom. Er wird durch den Speichel der Läuse verursacht. Das Auftreten von Juckreiz kann sich verzögern, bis die Sensibilisierung stattgefunden hat («Inkubationszeit»). Zuweilen entwickelt sich eine juckende, ekzematoide Reaktion im Bereich des Nackens und oberen Rückens («Läuseekzem»). Für die Diagnose einer behandlungsbedürftigen Infestation müssen Läuse oder lebende Eier nachgewiesen werden. Ob ein Ei lebt, ist allerdings nicht erkennbar; man kann lediglich sehen, dass es noch nicht entleert ist. Läuse oder Eier findet man am ehesten, indem man einen feinzahnigen Kamm durchs Haar zieht, nachdem es mit einer normalen Pflegespülung nass gemacht worden ist; der Kamm wird an einem Tuch oder saugfähigen Papier abgestreift, wo man nach den Läusen oder Eiern suchen kann. Jeder Kopfregion soll man sich einzeln widmen, indem man Scheitel bildet und die anderen Haare festbindet oder -klammert. Eventuell ist das Prozedere zu wiederholen.(1-4)

Zur Therapie stehen lokal angewendete Insektizide – namentlich Lindan (Jacutin®), Malathion (Prioderm®) und Permethrin (Loxazol®) – im Vordergrund. In einer systematischen Übersicht der Cochrane-Gruppe, die sich mit der Insektizidbehandlung befasste, zeigte sich, dass Malathion und Permethrin zu einer signifikant höheren Heilungsrate führen als Placebo. Auch mit Lindan kann eine deutlich bessere Wirkung erwartet werden als mit Placebo.(5) Alle Insektizide werden auf der Kopfhaut aufgetragen und nach einer gewissen Dauer ausgespült, wobei man sich bezüglich Einwirkungszeit am besten an die Angaben im Beipackzettel hält. Keines der Insektizide besitzt aber eine sichere ovizide Wirkung, weshalb die Behandlung nach sieben bis zehn Tagen wiederholt werden soll. Werden trotzdem weiterhin Läuse beobachtet, ist am wahrscheinlichsten, dass das Insektizid nicht richtig angewendet wurde oder dass man es mit einer Reinfestation zu tun hat. Es kann sich indessen auch um eine Resistenz handeln, wie sie in den letzten Jahren vermehrt beobachtet worden sind. Aus diesen Gründen kann die Wirksamkeit eines Mittels geringer sein, als es die Daten aus der Literatur versprechen. Es wird deshalb von Fachleuten empfohlen, eine zusätzliche, mechanische Entfernung der Nissen in die Behandlung miteinzubeziehen, indem man die Haare mit einem Nissenkamm durchkämmt. Essigwasser (zwei Esslöffel Obstessig auf einen Liter Wasser) hilft dabei, dass sich die Nissen besser lösen. Kämmen ohne gleichzeitige Insektizidbehandlung verspricht nur mässigen Erfolg: in einer britischen Studie wurden von den Kindern, deren Haare man während zwei bis drei Wochen alle drei bis vier Tage durchgekämmt hatte, lediglich 38% lausfrei.(6)

Bei Kopflaus-Befall sind auch peroral verabreichte Substanzen versucht worden, wovon aber einzig das Antihelminthikum Ivermectin Bedeutung erlangt hat.

Als nicht-medikamentöse Alternativen werden Okklusivbehandlungen genannt, wodurch die Läuse ersticken, austrocknen oder verhungern würden. Dazu gehören Shampoos auf der Basis von Pflanzenölen (Kokosöl, Sojaöl), die man eine Nacht lang unter einer Duschhaube einwirken lässt, oder sonstige fettige Substanzen. Kontrollierte Studien zu diesen Methoden existieren indessen nicht.

Leute, die in der Familie, im Kindergarten oder in der Schule mit der infestierten Person Kontakt hatten, sollten untersucht werden, ob sie ebenfalls von Läusen befallen sind. Gegenstände können dekontaminiert werden, indem man sie bei mindestens 60°C wäscht oder, den Läusen die Blutnahrung entziehend, einige Tage nicht benutzt. Lausbefallene Kinder brauchen nicht dem Kindergarten oder der Schule fernzubleiben, wenn eine Behandlung eingeleitet worden ist.

Für alle, die sich mit Kopfläusen auseinandersetzen müssen, gibt es im Internet nützliche, zum Teil als Merkblätter ausdruckbare Informationen; von den Schweizer «Sites» ist diejenige des Schulärztlichen Dienstes des Kantons Basel- Stadt (http://www.kopflaus.ch) am umfassendsten.

Kleiderlaus

Die Kleiderläuse kommen vor allem dort vor, wo schlechte hygienische Verhältnisse herrschen und viele Menschen eng zusammenleben. Sie sehen gleich aus wie Kopfläuse. Statt in den Haaren halten sie sich in Kleidern auf, wo sie auch die Eier legen (gerne in die Nähte). Nur für die Blutmahlzeiten klettern sie von den Kleidern auf die Haut. Kleiderläuse können Vektoren sein für andere Infektionen wie Fleckfieber (Rickettsia prowazeki), Rückfallfieber (Borrelia recurrentis) oder Fünftagefieber
(Bartonella quintana) – Krankheiten, die in den vergangenen Jahrhunderten für Epidemien gesorgt, heute aber in Industrieländern keine Bedeutung mehr haben.

Eine Infektion mit Kleiderläusen verursacht ebenfalls Juckreiz. Auf der Haut, vor allem am Stamm, kann man rötliche Flecken, Papeln, Quaddeln oder eine durchs Kratzen ausgelöste Impetiginisation finden (Cutis vagantium).

Bei Kleiderlaus-Befall müssen die Kleider heiss gewaschen und gebügelt, mit einem Insektizid behandelt oder entsorgt werden. Bei den Betroffenen selbst ist keine spezifische Therapie erforderlich.

Filzlaus

Filzläuse sind breiter und kürzer als Kopf- und Kleiderläuse, von der Form her an eine kleine Krabbe erinnernd. Filzläuse befallen die Schamhaare und andere dickere Haare. Die Übertragung erfolgt durch nahen Körperkontakt, meistens sexuell. Personen mit Filzläusen klagen über Juckreiz im Unterbauchbereich, zudem können makulo-papulöse Effloreszenzen auftreten. Gelegentlich entwickeln sich an den Stichstellen bis zu einem Zentimeter grosse blaue Flecken (Maculae caeruleae, Melanoderma pediculosum), die vermutlich durch ein Antikoagulans hervorgerufen werden, das von den Filzläusen injiziert wird.

Filzläuse werden wie Kopfläuse behandelt, wobei die Mittel allerdings über den ganzen Körper zu verteilen sind. Es ist auch an andere, möglicherweise infizierte Personen zu denken, vor allem solche, die mit dem Patienten oder der Patientin Sexualkontakt gehabt haben.(1)

Krätzmilbe

Die Krätzmilbe (Sarcoptes scabiei varietas hominis) ist der Erreger der Skabies. Sie gehört zu den Spinnentieren und besitzt einen rundlichen Körper. Skabies kommt weltweit vor und wird durch engen Körperkontakt – sexuell oder innerhalb von Familien – übertragen. Eine Infestation über Staub oder Gegenstände wird als möglich betrachtet, da die Milben unabhängig vom menschlichen Wirt wenige Tage überleben können, dürfte aber selten sein. Schlechte hygienische Verhältnisse, Unterernährung oder nahes Zusammenleben (z.B. in Heimen) fördern die Ausbreitung. Der Mensch wird von trächtigen Weibchen infestiert, die zwischen Stratum corneum und Stratum spinosum millimeterlange Gänge graben, in welche die Eier gelegt werden und Kot deponiert wird. Die Krätzmilbe saugt kein Blut, sondern nimmt verflüssigtes zelluläres Material auf. Die fast nur mit der Lupe erkennbaren Milbengänge, als Primärmanifestation des Sarcoptesbefalls, finden sich an den volaren Seiten der Handgelenke, über den Fussknöcheln, in der vorderen Axillarfalte, um den Nabel, an den Brustwarzen der Frau, am männlichen Genitale und eventuell am Gesäss. Bei Frauen können auch die Handinnenflächen, bei kleinen Kindern die Fusssohlen betroffen sein. Die geschlüpften Larven gelangen wieder an die Hautoberfläche und entwickeln sich in zweieinhalb Wochen zu erwachsenen Milben. Während die kleineren Männchen bald sterben, überleben die grösseren,
0,3 bis 0,4 mm messenden Weibchen mehrere Wochen. Auf einer skabieskranken Person sind üblicherweise nur zehn bis zwanzig Milben zu eruieren. Myriaden von Milben zählt man dagegen bei der Borkenkrätze (Scabies crustosa), einer hochkontagiösen Skabies-Form, die man bei Verwahrlosten, stark Immunsupprimierten oder Leuten mit neurologischen Leiden (die keinen Juckreiz spüren) antreffen kann.

Typisch für Skabies ist ein starker Juckreiz, der erstmals etwa vier Wochen nach der Infestation auftritt und vor allem nachts sehr intensiv ist. Anschliessend entwickelt sich ein feinpapulöses Exanthem. Es besteht aus kleinen Papeln mit bräunlichen Krüstchen. Dieses Sekundärexanthem findet sich über der Flankenregion, im Lendenbereich und über den proximalen Extremitäten. Es fehlt im Gesicht und am Rücken zwischen den Schulterblättern. Das stark juckende Exanthem wird massiv zerkratzt, grössere Exkoriationen und Impetiginisation sind die Folge. Die Diagnose einer Skabies beruht darauf, dass man Milben, Eier oder Kotballen (Skybala) nachweist. Dazu eröffnet man die Milbengänge mit einem Skalpell und betrachtet das herausgeschabte Material unter dem Mikroskop. Neuerdings liefern gut vergrössernde Dermatoskope auch die Möglichkeit, Milben direkt zu sehen.

Die Behandlung der Skabies erfolgt ebenfalls mit lokal applizierten Insektiziden, wobei neben Lindan, Malathion und Permethrin auch Crotamiton (Eurax®) eingesetzt wird.(7) In der Schweiz offiziell nicht erhältliche Substanzen sind Benzylbenzoat (das in Kombination mit der Schwefelverbindung Monosulfiram in Frankreich populär ist) oder das oral verabreichbare Ivermectin. Gemäss einer systematischen Übersicht der Cochrane- Gruppe lässt sich die Skabies mit allen diesen Substanzen behandeln.(8) Zu Malathion liegen allerdings keine kontrollierten Studien, sondern nur Fallserien vor. Permethrin 5% erwies sich, verglichen mit Lindan und Crotamiton, als wirksamstes Mittel und gilt in den USA und Grossbritannien mittlerweile als Referenzsubstanz. Bei Skabies soll man die Insektizide über den ganzen Körper verteilen und – am besten nachtsüber – unter frischen Kleidern mehrere Stunden einwirken lassen. Die Mittel sollen auf kühler, trockener Haut aufgetragen werden, um die Resorption möglichst gering zu halten. Bei Permethrin genügt in der Regel eine einmalige Anwendung. Es gibt Fachleute, die zu einer zweiten Applikation nach rund einer Woche raten; bei Lindan wird eine dreitägige, bei Crotamiton eine drei- bis fünftägige Behandlung empfohlen. Bei der Behandlung müssen Patienten und Patientinnen informiert werden, dass der Hautausschlag und der Juckreiz noch zwei Wochen andauern können. Die Abheilung kann erst nach vier Wochen beurteilt werden.

Bei Skabies sind ebenfalls Resistenzen gegenüber den Insektiziden beschrieben. In diesen Fällen kann ein Wechsel des Insektizids oder eine alternierende Behandlung mit zwei Substanzen (z.B. Lindan und Permethrin) erfolgreich sein.(9) Eine weitere Möglichkeit ist Ivermectin, das ungefähr gleich wirksam ist wie lokal angewendete Insektizide. Besonders bei HIVInfizierten oder bei Borkenkrätze soll Ivermectin – vorzugsweise in Kombination mit Insektiziden – hilfreich sein, wie Fallserien zeigen.(10)

Sicherheitshalber und weil der Aufwand nicht gross ist, empfehlen viele Fachleute, Kleider und Bettzeug zu dekontaminieren. Am besten ist eine Wäsche mit einer Temperatur von mindestens 60°C. Als Alternative können die Textilien für einige Tage hermetisch verschlossen aufbewahrt werden (die Milben überleben höchstens 72 Stunden ohne Wirt). Ebenso wichtig ist es, gleichzeitig Kontaktpersonen (Familienmitglieder, Sexualpartner oder -partnerinnen) mitzubehandeln.

Die Medikamente

Im Folgenden werden die Medikamente, die oben erwähnt worden sind, detaillierter vorgestellt, und zwar die in der Schweiz erhältlichen lokal anwendbaren Insektizide sowie Ivermectin.

Crotamiton
Crotamiton (Eurax®), das als Skabizid verwendet wird, gibt es in 10%iger Konzentration als Crème und als Lotion. Neben dem milbenabtötenden hat es einen spezifischen juckreizstillenden Effekt; in beiden Fällen ist der Wirkmechanismus nicht bekannt. Auf der Haut aufgetragenes Crotamiton scheint praktisch nicht resorbiert zu werden. Als Nebenwirkungen werden Hautreizungen (Wärmegefühl, Rötung) und Konjunktivitis genannt.

Lindan
Lindan (?-Hexachlorocyclohexan, Jacutin®) ist ein Organochlorid und gehört damit zur selben Insektizidgruppe wie DDT. Es blockiert in den Nervenzellen die Wirkung von GABA und führt zu einer Übererregbarkeit. Lindan wird in der Schweiz als Gel oder Emulsion mit 0,3%iger Wirkstoffkonzentration angeboten. Nach dem Auftragen auf der Haut werden schätzungsweise 10% aufgenommen und systemisch verfügbar. Lindan wird in der Leber durch mehrere Zytochrome (CYP1A, CYP2B, CYP2E1) in zahlreiche Metaboliten verwandelt. Diese Zytochrome sowie weitere Leberenzyme werden von Lindan auch induziert. Die Eliminationshalbwertszeit beträgt 21 bis 26 Stunden. Häufigste Nebenwirkungen von Lindan sind Lokalreaktionen wie Pruritus, Brennen, Rötung und leichtes Ödem. Werden infolge unsachgemässer Anwendung grössere Mengen resorbiert, so kann es zu neurologischen Nebenwirkungen kommen; Schwindel, Kopfschmerzen, Parästhesien, Konvulsionen und sogar Todesfälle sind vorgekommen. Feuchte oder entzündete Haut erleichtert die Resorption von Lindan. In Nordamerika – wo Lindan in einer höheren Konzentration (1%) als bei uns auf dem Markt ist – sind kürzlich neue Richtlinien veröffentlicht worden, wonach bei Individuen, die weniger als 50 kg wiegen, und bei älteren Leuten ein erhöhtes neurotoxisches Potential bestehe; bei Neugeborenen und bei Personen mit erhöhtem Risiko epileptischer Anfälle sei Lindan kontraindiziert.(11)

Malathion
Das Organophosphat Malathion (Prioderm®), das als 1%iges Shampoo erhältlich ist und in erster Linie gegen Lausbefall empfohlen wird, wirkt als irreversibler Cholinesterasehemmer. Etwa 8% der Dosis werden über die Haut resorbiert und durch Esterasen gespalten. Möglicherweise kann Malathion unter dem Einfluss des Zytochrom-P450-Systems beim Menschen zum toxischeren Malaoxon umgewandelt werden; die gebildete Menge wird jedoch als bedeutungslos angesehen. Der Abbau von Malathion verläuft bei Säugetieren viel schneller als bei Insekten, weshalb es als relativ ungefährliches Organophosphat gilt. Malathion kann zu Hautreizungen und – wenn es in die Augen gelangt – zu einer Konjunktivitis führen.

Permethrin
Permethrin (Loxazol®) ist ein synthetisches Pyrethroid, d.h. von Chrysanthemen-Extrakt (Pyrethrum) abgeleitet, und wird als 1%ige Lotion verkauft. Pyrethroide bewirken, dass sich in den Neuronen die Natriumkanäle verzögert schliessen. Permethrin wird über die Haut nur geringgradig resorbiert (weniger als 2%) und dann rasch über eine Esterspaltung hydrolysiert. Als Nebenwirkungen sind Hautreizungen mit Juckreiz, Brennen und Rötung beschrieben. Das 1%ige Fertigpräparat eignet sich nur zur Lausbehandlung. Gegen Skabies wird eine 5%ige Wirkstoffkonzentration benötigt, die in der Apotheke gemäss einer Magistralrezeptur hergestellt werden kann.

Ivermectin
Das oral verabreichte Ivermectin, das sich gegen Wurmkrankheiten wie Onchozerkose oder Strongyloidose bewährt hat, wird in einigen Ländern (z.B. USA, Frankreich) auch zur Behandlung von Ektoparasiten verwendet. Ivermectin führt in Nervenzellen, bei denen Glutamat oder GABA als Transmitter fungieren, über einen Chloridausstrom zu einer Depolarisation und Paralyse. Die Wirkung ist im Prinzip auf Wirbellose beschränkt, da bei Wirbeltieren Glutamat und GABA nur im zentralen Nervensystem vorkommen und Ivermectin die intakte Blut-Hirn-Schranke kaum durchquert. Es ist sowohl ein Substrat als auch ein Hemmer des Transportproteins P-Glykoprotein.

Drei bis vier Stunden nach der Einnahme von Ivermectin werden maximale Plasmaspiegel erreicht. Die Resorption ist besser, wenn Ivermectin zwei Stunden vor einer Mahlzeit geschluckt wird. Der Abbau findet in der Leber durch CYP3A4 statt, die Metaboliten werden im Stuhl ausgeschieden. Die Halbwertszeit beträgt etwa zwölf Stunden.

Als Nebenwirkungen sind verschiedene gastrointestinale Beschwerden, Kopfschmerzen, Schwindel, Schläfrigkeit, Hautausschläge, Ödeme, Hypotonie, Tachykardie, Transaminasen- Erhöhung, Hämoglobin-Anstieg und Leukopenie beobachtet worden. Die optimale Dosierung ist noch nicht definiert. Gängige Empfehlungen sind 0,2 bis 0,4 mg/kg für Kopfläuse und 0,2 mg/kg bei Skabies. Eine Einmaldosis lässt eine hohe Ansprechrate erwarten. Weil aber Ivermectin nicht eierabtötend ist, erscheint eine zweite Dosis nach ein bis zwei Wochen plausibel. (7,12)

Ivermectin ist in der Schweiz nicht zugelassen, so dass sein Einsatz eine Sonderbewillingung von Swissmedic benötigt. Das Antragsformular kann im Internet abgerufen werden (http://www.swissmedic.ch/files/formulare/B3.1.79-d.pdf). Anschliessend lässt sich zum Beispiel das französische Präparat Stromectol® (Tabletten zu 3 mg) über eine Schweizer Apotheke bestellen.

Schlussfolgerungen

Sowohl bei Lausbefall wie bei Skabies versprechen alle lokal angewendete Insektizide eine gute Heilungschance. Wenn sie korrekt angewendet werden, kann das Risiko von systemischen Nebenwirkungen als sehr gering eingestuft werden. Das beste Nutzen-Risiko-Verhältnis kommt vermutlich Permethrin zu. Bei Säuglingen und Kleinkindern sowie schwangeren und stillenden Frauen sollte man Permethrin oder Crotamiton verschreiben, während Lindan kontraindiziert ist.(13) Alle Präparate sind, zum Teil in Drogerien, rezeptfrei erhältlich und kosten ungefähr zehn bis zwanzig Franken. Wenn eine Insektizidbehandlung nicht wirkt, ist primär daran zu denken, dass sie nicht korrekt durchgeführt wurde oder dass es dafür epidemiologische Gründe gibt (Reinfestation). Erst wenn eine wirkliche Resistenz zu vermuten ist, soll man eine perorale Therapie mit Ivermectin erwägen. Da Ivermectin nicht offiziell zugelassen ist, bedeutet der Einsatz administrativen Aufwand – umso mehr sollte eine solche Behandlung nur in Zusammenarbeit mit einer dermatologischen Fachperson stattfinden.

Standpunkte und Meinungen

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Ektoparasiten (22. Dezember 2003)
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pharma-kritik, 25/No. 16
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