Prostatakarzinom operieren? (Studie 2)
- Zusammenfassung: Urspeter Masche
- Kommentar: Silke Gillessen
- infomed screen Jahrgang 9 (2005)
, Nummer 7
Publikationsdatum: 1. Juli 2005 - PDF-Download dieses Artikels (automatisch generiert)
In dieser retrospektiven Studie wurde anhand von Daten aus einem Krebsregister der «natürliche» Verlauf von lokalisierten Prostatakarzinomen zusammengestellt. Das Kollektiv bestand aus 767 Männern, die konservativ behandelt worden waren, bei denen man sich also für ein «watchful waiting» oder eine androgenentziehende Massnahme entschieden hatte. Im Laufe der medianen Beobachtungszeit von 24 Jahren waren 717 Männer gestorben, 222 am Prostatakarzinom und 495 infolge anderer bzw. unbekannter Ursachen. Als entscheidender Faktor, der die Verlaufsprognose bestimmt, erwies sich der Differenzierungsgrad des Tumors: das Risiko, am Prostatakarzinom zu sterben, betrug bei den histologisch differenzierten Tumoren (Gleason-Score 2 bis 4) 6 pro 1000 Personenjahre, stieg mit zunehmendem Entdifferenzierungsgrad und erreichte bei den undifferenzierten Tumoren (Gleason-Score 8 bis 10) 121 pro 1000 Personenjahre. Dagegen hing die krankheitsspezifische Mortalität praktisch nicht vom Alter bei Diagnosestellung ab und auch nicht davon, ob die Diagnosestellung höchstens 15 Jahre oder zwischen 15 und 30 Jahren zurücklag.
Zusammengefasst von Urspeter Masche
Das Prostatakarzinom ist in der Schweiz die zweithäufigste Todesursache bei den malignen Erkrankungen der Männer. Deshalb ist es wichtig zu wissen, ob eine aggressive Behandlung im Stadium des lokalisierten Prostatakarzinoms die Mortalität des Prostatakarzinoms reduzieren kann. Die erste Studie untersucht dies, indem sie prospektiv randomisiert die radikale Prostatektomie mit «watchful waiting» vergleicht. In der aktuellen Publikation mit einer medianen Followup- Zeit von 8,2 Jahren sind nicht nur die krebsspezifische Mortalität und das Auftreten von Fernmetastasen, sondern auch die Gesamtmortalität signifikant reduziert. Die absolute Reduktion in der Mortalität ist zwar klein, aber die Reduktion des Risikos, dass Fernmetastasen auftreten, ist erheblich. Da das mediane Überleben ab Auftreten von Fernmetastasen etwa 2 bis 4 Jahre beträgt, ist es möglich, dass sich der Unterschied in der «overall mortality» mit einem noch längeren Follow-up weiter vergrössert. Mit Männern, die noch eine Lebenserwartung von 10 Jahren oder mehr haben, sollte die Prostatektomie also diskutiert werden. Ob es eine Subgruppe von Patienten gibt, die nicht von einer aggressiven Behandlung profitieren, ist in der zweiten Studie untersucht worden. Da bei Männern mit sogenannten «low-grade» Prostatakarzinomen, d.h. mit Karzinomen mit einem Gleason-Score von 2 bis 4, mit oder ohne Behandlung nur ein marginales Risiko besteht, überhaupt am Prostatakarzinom zu sterben, schliessen die Studienverantwortlichen, dass bei diesen keine aggressive Behandlung nötig ist. Um dies zu bestätigen, braucht es aber dringend prospektive Studien.
Silke Gillessen
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