Kombinierte Plättchenhemmer bei Herzinfarkt?
- Zusammenfassung:
- Kommentar: Etzel Gysling
- infomed screen Jahrgang 10 (2006)
, Nummer 2
Publikationsdatum: 1. Februar 2006 - PDF-Download dieses Artikels (automatisch generiert)
Studienziele
Acetylsalicylsäure (ASS, Aspirin® u.a.) und Clopidogrel (Plavix ®) blockieren die Thrombozytenaggregation über unterschiedliche Wirkmechanismen. Eine Kombination von beiden wirkt sich sowohl beim akuten Koronarsyndrom als auch bei Koronarinterventionen günstig aus. Bisher unklar war der Effekt einer kombinierten Behandlung beim akuten Herzinfarkt mit ST-Veränderungen.
Methoden
In 1’250 chinesischen Spitälern wurden 45'852 Personen in die COMMIT-Studie aufgenommen. Sie hatten einen Myokardinfarkt erlitten, wiesen im EKG eine ST-Hebung, einen Linksschenkelblock oder eine ST-Senkung auf und waren innerhalb von 24 Stunden nach Auftreten infarktverdächtiger Symptome hospitalisiert worden. Ausgeschlossen wurden unter anderem Personen, die einer primären Koronarintervention zugeführt wurden. Beide Behandlungsgruppen erhielten täglich 162 mg ASS, die Interventionsgruppe zusätzlich 75 mg Clopidogrel, die Kontrollgruppe Placebo. Die sonstige Behandlung erfolgte nach den örtlichen Standards, so wurde bei 54% der Kranken eine Fibrinolyse durchgeführt. Sie wurden bis zum Spitalaustritt oder maximal 28 Tage beobachtet. Es wurden zwei primäre Endpunkte definiert: 1. die Kombination von Tod, Infarktrezidiv und Hirnschlag; 2. die Gesamtmortalität.
Ergebnisse
Das mittlere Alter der Teilnehmenden betrug 61 Jahre, 26% der Personen waren 70 Jahre alt oder älter, der Frauenanteil betrug 28%. Der Studieneinschluss erfolgte im Mittel 10 Stunden nach Beginn der Infarktsymptome. In beiden Gruppen konnte bei 92% der Studienteilnehmenden die Behandlung wie vorgesehen abgeschlossen werden. Die mittlere Behandlungsdauer betrug 15 Tage. Der kombinierte primäre Endpunkt trat unter Clopidogrel 2’121mal auf (9%), unter Placebo 2’310mal (10%). Dies bedeutet eine signifikante relative Risikoreduktion von 9% (1 verhindertes Ereignis auf 111 Behandlungen). Auch die Gesamtmortalität war signifikant niedriger (1 verhinderter Todesfall auf 166 Behandlungen). Von den sekundären Endpunkten wurden auch die Infarktrezidive günstig beeinflusst, jedoch zeigte sich keine signifikante Reduktion der Hirnschlagrate. Blutungskomplikationen waren in beiden Gruppen ähnlich häufig.
Schlussfolgerungen
Wie beim akuten Koronarsyndrom und bei Koronarinterventionen führt auch beim Herzinfarkt mit ST-Veränderungen zusätzlich zu ASS verabreichtes Clopidogrel zu einer kleinen, aber signifikanten Morbiditäts- und Mortalitätssenkung.
Zusammengefasst von Werner Eugster
Dieser riesigen Studie aus China ist die wesentlich kleinere CLARITY-TIMI-28-Studie1 gegenüberzustellen. In dieser wurde bei Personen mit einem akuten Infarkt, die mit Acetylsalicylsäure und einem Thrombolytikum behandelt wurden, ebenfalls ein Vorteil von Clopidogrel gegenüber Placebo gezeigt. Hier erfolgte jedoch innerhalb von spätestens 8 Tagen eine Koronarangiographie. Der primäre Endpunkt war der Nachweis eines am Infarkt mitschuldigen Gefässverschlusses oder der Tod oder ein Infarktrezidiv vor der Angiographie. Die Gesamtmortalität innerhalb von 30 Tagen betrug hier zwischen 2 und 3% – in der chinesischen Studie war sie rund dreimal grösser. Dies illustriert lediglich, wie schwierig es ist, Resultate von nach bestimmten Kriterien durchgeführten Studien auf einen anderen klinischen Kontext zu übertragen. So könnte in der Schweiz, wo die Infarktbehandlung schon weitgehend optimiert ist, der Zusatznutzen von Clopidogrel deutlich kleiner (bzw. die NNT grösser) sein.
Etzel Gysling
1 Sabatine MS, Cannon CP, Gibson M et al. Addition of clopidogrel to aspirin and fibrinolytic therapy for myocardial infarction with ST-segment elevation. N Engl J Med 2005 (24. März); 352: 1179-89
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