Vorhofflimmern: Antikoagulation besser als Plättchenhemmer
- Zusammenfassung:
- Kommentar: Etzel Gysling
- infomed screen Jahrgang 10 (2006)
, Nummer 8
Publikationsdatum: 1. August 2006 - PDF-Download dieses Artikels (automatisch generiert)
Studienziele
Beim Vorhofflimmern senkt eine orale Antikoagulation im Vergleich zur Plättchenhemmung mit Acetylsalicylsäure (ASS, Aspirin® u.a.) das Risiko für Schlaganfälle und kardiovaskuläre Ereignisse stärker, birgt aber ein höheres Risiko schwerer Blutungen. Die Kombinationstherapie von ASS und Clopidogrel (Plavix®) ist bei der perkutanen Koronarangioplastie, dem akuten Koronarsyndrom und beim akuten Herzinfarkt der Behandlung mit ASS allein überlegen. Auf Grund dieser Ausgangslage wollte man in der vorliegenden Studie untersuchen, ob diese Kombinationstherapie bei Vorhofflimmern einer oralen Antikoagulation nicht unterlegen ist.
Methoden
In die Studie wurden Personen mit Vorhofflimmern aufgenommen, die mindestens ein zusätzliches Kriterium für ein erhöhtes kardiovaskuläres Risiko aufwiesen. Die Teilnehmenden wurden nach dem Zufall in eine von zwei Behandlungsgruppen eingeteilt. Die eine Gruppe wurde oral antikoaguliert (Ziel-INR 2,0-3,0), die andere mit ASS 75 bis 100 mg und Clopidogrel 75 mg täglich behandelt. Als primärer Endpunkt war das Auftreten eines beliebigen der folgenden Ereignisse definiert: Hirnschlag, systemische Embolie, Herzinfarkt, kardiovaskulär verursachter Tod. Blutungen wurden als schwer eingestuft, wenn sie transfusionsbedürftig oder hämodynamisch relevant waren und als geringfügig, wenn es lediglich einer Therapiemodifikation bedurfte.
Ergebnisse
Die Studie wurde nach zwei Jahren wegen Überlegenheit der oralen Antikoagulation vorzeitig abgebrochen. Insgesamt wurden 6’706 Personen in die Studie eingeschlossen. Das mittlere Alter betrug in beiden Gruppen 70 Jahre, ein Drittel davon waren Frauen. Die mittlere Beobachtungszeit betrug 1,3 Jahre. In der antikoagulierten Gruppe lag der INR während insgesamt 64% der Zeit im angestrebten therapeutischen Bereich. Der primäre Endpunkt trat in dieser Gruppe 164-mal auf (jährliche Rate von 3,9%), in der Plättchenhemmer- Gruppe 234-mal (jährliche Rate von 5,6%; Unterschied signifikant). Der grösste relative Unterschied wurde in Bezug auf Hirnschläge mit leichter bis mittelschwerer Behinderung beobachtet. Schwere Blutungen traten in beiden Gruppen gleich häufig auf, kleinere Blutungen waren in der Plättchenhemmer- Gruppe häufiger. Eine Untergruppenanalyse anhand der Behandlung vor Studieneintritt ergab, dass Personen, die bereits vor Studienaufnahme oral antikoaguliert waren, noch deutlicher von einer Antikoagulation profitierten und sogar weniger schwere Blutungen erlitten, wenn sie weiter antikoaguliert wurden.
Schlussfolgerungen
Beim Vorhofflimmern mit hohem Risiko ist die orale Antikoagulation der Kombination von ASS und Clopidogrel als Prophylaxe kardiovaskulärer Ereignisse überlegen. Besonders ausgeprägt ist dieser Vorteil bei Leuten, die bereits oral antikoaguliert waren. Auch das Blutungsrisiko ist nicht grösser, im Gegenteil treten unter der kombinierten Plättchenhemmer- Behandlung sogar häufiger kleinere Blutungen auf.
Zusammengefasst von Werner Eugster
Die Annahme, eine Kombination von Acetylsalicylsäure und Clopidogrel sei langfristig vorteilhaft, hat sich auch in dieser Studie als falsch erwiesen. Wie in anderen Studien war die Clopidogrel-haltige Kombination auch mit einem höheren Blutungsrisiko verbunden. Bis auf weiteres ist also allgemein vor der längerfristigen Verabreichung der Kombination von ASS und Clopidogrel zu warnen. Die orale Antikoagulation ist als beste Behandlung des Vorhofflimmerns nach wie vor unbestritten.
Etzel Gysling
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