Prognostische Relevanz von Q-Zacken beim Herzinfarkt
- Zusammenfassung: Sven Trelle
- Kommentar: Martin Steiner
- infomed screen Jahrgang 10 (2006)
, Nummer 9
Publikationsdatum: 1. September 2006 - PDF-Download dieses Artikels (automatisch generiert)
Studienziele
Bei akutem Herzinfarkt hat die Zeit zwischen dem Symptombeginn und der Einleitung der Therapie einen entscheidenden Einfluss auf den Behandlungserfolg. Bis zu einem Drittel der Herzinfarkte verläuft jedoch ohne akute Brustschmerzen. Ziel dieser Studie war, die prognostische Bedeutung von Q-Zacken im ersten EKG auf die 30-Tage-Mortalität bei Personen mit akutem Herzinfarkt zu bestimmen.
Methoden
Die Analyse basiert auf Daten einer randomisierten Studie, in der die Wirksamkeit von Bivalirudin (in der Schweiz nicht auf dem Markt) und unfraktioniertem Heparin bei einem akuten, mit Streptokinase thrombolytisch behandelten Herzinfarkt verglichen wurde. Die Studie zeigte keinen Unterschied in der 30-Tage-Mortalität. In der vorliegenden Analyse wurden nur Teilnehmende mit einer ST-Strecken-Hebung und normaler intraventrikulärer Überleitung berücksichtigt; verglichen wurde die 30-Tage-Mortalität von Personen mit bzw. ohne pathologische Q-Zacken im ersten EKG. Diese wurden definiert als jegliche Q-Zacken in V1 bis V3 (in zwei benachbarten Ableitungen) oder Q-Zacken von mindestens 30 msec Dauer und 1 mm Tiefe in den Ableitungen I, II, aVL, aVF, V4, V5 oder V6.
Ergebnisse
Daten von 15'222 Personen wurden für die Analyse berücksichtigt; etwa zwei Drittel der Untersuchten hatten Q-Zacken im ersten EKG. Diese hatten insgesamt ein höheres Sterberisiko (10% gegenüber 7%; korrigierte «Odds Ratio» 1,44, 95%-CI 1,25 - 1,65). Dieser Effekt war unabhängig von der Zeit seit dem Auftreten von Symptomen und unabhängig von der Infarktlokalisation. In einer multivariaten Analyse, in der verschiedene Faktoren berücksichtigt wurden, war das Auftreten von Q-Zacken – neben anderen Faktoren wie Alter, Geschlecht, Infarktlokalisation usw. – prognostisch relevant, nicht jedoch die Dauer der Symptome.
Schlussfolgerungen
Q-Zacken im ersten EKG bei einem akuten Herzinfarkt sind ein unabhängiger prognostischer Faktor und zeigen eine erhöhte 30-Tage-Sterblichkeit an. Der Einfluss auf die Mortalität erscheint sogar grösser als derjenige der Zeitdauer vom ersten Symptom bis zum Beginn der Lysetherapie.
Zusammengefasst von Sven Trelle
Eine Q-Welle entsteht bei elektrisch inaktivem Myokardareal. Der Verschluss eines epikardialen Gefässes führt zu einer Kaskade von EKG-Veränderungen, wobei nacheinander «Erstickungs-T», ST-Hebung ohne Q-Welle, ST-Hebung mit Q-Welle und dann Q-Welle ohne ST-Hebung auftreten. Gestützt darauf sollte eine ST-Hebung ohne Q prognostisch günstiger sein als eine mit Q, da sich der Myokardinfarkt in einem früheren Stadium befindet und noch mehr Myokardmasse durch eine Reperfusion gerettet werden kann.
Diese Annahme wurde in der vorliegenden Studie bestätigt. Personen mit einem Myokardinfarkt mit ST-Hebung, aber ohne Q-Welle, haben eine günstigere Prognose als Personen mit Q-Welle. Beeindruckend ist die Grösse der Studie (15’222 Personen), welche wohl auch erklärt, warum die Resultate so prominent publiziert werden konnten. Abgesehen davon wird nur eine weit verbreitete Meinung, dass Q-Wellen ein ungünstiges Zeichen sind, mit Daten unterstützt und in den Rang der evidenzbasierten Medizin erhoben.
Ob die Konklusion der Studienverantwortlichen, dass Myokardinfarkte mit ST-Hebung und Q-Welle aufgrund der schlechteren Prognose eher von einer aggressiveren, sprich interventionellen Revaskularisation profitieren würden, zutrifft, ist zumindestens fraglich. Ebenso gut kann argumentiert werden, dass beim Auftreten einer Q-Welle die Myokardnekrose bereits stattgefunden hat und auch durch eine Reperfusion nur wenig Myokardmasse revitalisiert werden kann.
Martin Steiner
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