Raloxifen: kein überzeugendes Nutzen- Risiko-Verhältnis
- Zusammenfassung: Urspeter Masche
- Kommentar: Urspeter Masche
- infomed screen Jahrgang 10 (2006)
, Nummer 10
Publikationsdatum: 1. Oktober 2006 - PDF-Download dieses Artikels (automatisch generiert)
Studienziele
Raloxifen (Evista®) ist ein selektiver Östrogenrezeptor- Modulator (SERM) und in der Schweiz zugelassen für die Osteoporosebehandlung. In der RUTH-Studie («Raloxifene Use for The Heart») wurde untersucht, ob Raloxifen das Risiko eines koronaren Ereignisses oder eines Mammakarzinoms zu senken vermag.
Methoden
Die Studie umfasste über 10'000 postmenopausale Frauen, die entweder an einer koronaren Herzkrankheit litten oder mehrere kardiovaskuläre Risikofaktoren (Diabetes mellitus, Hypertonie u.a.) aufwiesen; eine Osteoporose war weder Ein- noch Ausschlusskriterium. Die Teilnehmerinnen erhielten während einer medianen Zeitdauer von rund 5 Jahren doppelblind Raloxifen (60 mg/Tag) oder Placebo. Als primäre Endpunkte definierte man einerseits koronare Ereignisse, die zu einer Hospitalisation oder zum Tod führten, andererseits das Auftreten eines Mammakarzinoms.
Ergebnisse
Koronare Ereignisse zählte man in der Raloxifen-Gruppe bei 10,6% der Frauen, in der Placebogruppe bei 10,9%. Andere kardiovaskuläre Ereignisse dagegen – als sekundäre Endpunkte fungierend – traten zum Teil unter Raloxifen signifikant häufiger auf als unter Placebo. So erlitten unter Raloxifen 1,2% der Behandelten einen tödlichen Schlaganfall und 2,0% eine venöse Thromboembolie; unter Placebo betrugen die entsprechenden Prozentsätze 0,8% bzw. 1,4%. Beim zweiten primären Endpunkt, der Mammakarzinom-Inzidenz, fiel das Ergebnis zu Gunsten von Raloxifen aus (1,0% gegenüber 1,5%), wobei Raloxifen vor allem das Risiko von invasiven, Östrogenrezeptor-positiven Tumoren zu senken vermochte. Kein signifikanter Unterschied zeigte sich bei der Gesamtmortalität. Des Weiteren beobachtete man bei den Raloxifen-Behandelten eine Verminderung von Wirbelfrakturen, aber auch vermehrte Nebenwirkungen wie Hitzewallungen, Beinkrämpfe, Ödeme und Gallenblasen-Erkrankungen.
Schlussfolgerungen
Bei postmenopausalen Frauen mit kardiovaskulären Risikofaktoren vermindert Raloxifen das Risiko eines invasiven Mammakarzinoms und von Wirbelfrakturen, erhöht aber gleichzeitig die Gefahr eines tödlichen Schlaganfalls und einer venösen Thromboembolie; das Risiko eines koronaren Ereignisses wird durch Raloxifen nicht beeinflusst.
Zusammengefasst von Urspeter Masche
Bei der Osteoporosebehandlung ist Raloxifen wegen seiner Nebenwirkungen (Thromboembolie-Risiko, klimakterische Beschwerden) ein Mittel der zweiten Wahl geblieben. Insofern ist die Suche nach anderen, extraskeletalen Wirkungen verständlich, die sich als Vorteile in die Waagschale legen liessen. Nachdem bereits die früher publizierte MORE-Studie («Multiple Outcomes of Raloxifene Evaluation»)1 gezeigt hatte, dass Raloxifen die kardiale Morbidität und Mortalität nicht zu verändern vermag, unterstreicht die vorliegende RUTH-Studie, dass dies auch zutrifft für mit kardialen Risikofaktoren Vorbelastete. Gemäss der RUTHStudie steht zudem der brustkrebs- und frakturverhütenden Wirkung von Raloxifen das erhöhte Risiko tödlicher Schlaganfälle gegenüber: pro 1‘000 Frauenjahre reduziert Raloxifen die Anzahl invasiver Mammakarzinome um 1,2 und diejenige von klinisch manifesten Wirbelfrakturen um 1,3, während die Schlaganfall- Todesfälle um 0,7 zunehmen. Dies ist – angesichts der damit verbundenen Medikamentenkosten von über 770'000 Franken umso mehr – sicher nicht als eine günstige Bilanz einstufen.
Urspeter Masche
1 Barrett-Connor E, Grady D, Sashegyi A et al.; MORE Investigators (Multiple Outcomes of Raloxifene Evaluation). Raloxifene and cardiovascular events in osteoporotic postmenopausal women: four-year results from the MORE (Multiple Outcomes of Raloxifene Evaluation) randomized trial. JAMA 2002 (20. Februar); 287: 847-57
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