HIV: Therapieunterbrüche möglich
- Zusammenfassung: Anne Witschi
- Kommentar: Michael John Gill
- infomed screen Jahrgang 10 (2006)
, Nummer 10
Publikationsdatum: 1. Oktober 2006 - PDF-Download dieses Artikels (automatisch generiert)
Studienziele
Durch Behandlungsunterbrüche einer hochaktiven antiretroviralen Kombinationstherapie (HAART) bei HIV-Infizierten könnten nicht nur Kosten gespart, sondern auch unerwünschte Wirkungen verhindert werden. Umstritten ist, ob mit solchen Therapieunterbrüchen das Risiko für Resistenzentwicklungen steigen oder abnehmen würde. In dieser internationalen Studie mit Schweizer Beteiligung wurde eine kontinuierliche Therapie verglichen mit einer bei hohen CD4-Zellzahlen ausgesetzten antiretroviralen Behandlung.
Methoden
Die meisten der 548 HIV-Infizierten, die an dieser randomisierten Studie teilnahmen, stammten aus Thailand. Sie mussten auf eine HAART angesprochen haben, mehr als 350 CD4-Zellen/ìl und weniger als 50 Virus-Kopien/ml aufweisen. In der Therapieunterbruchsgruppe wurde die Behandlung jeweils ausgesetzt, wenn die CD4 Zahl über 350/ìl betrug und wieder aufgenommen, wenn sie unter die Grenze von 350 Zellen/ìl fiel. Die Kontrollgruppe wurde durchgehend medikamentös behandelt. Es kamen verschiedene HAART-Kombinationen zur Anwendung. Primärer Endpunkt war die Anzahl Behandelter mit einer Viruslast von weniger als 50 Kopien/ml sowie die Menge eingenommener Medikamente.
Ergebnisse
Die mediane Teilnahmedauer betrug 22 Monate. Nach zwei Jahren hatten drei Viertel der Patienten und Patientinnen aus der Therapieunterbruchsgruppe die Therapie wieder aufgenommen. Die Behandelten in dieser Gruppe hatten eine HAART an 38% der Tage eingenommen gegenüber 99% der Tage in der Kontrollgruppe. Es fanden sich keine signifikanten Unterschiede bezüglich der Anzahl Behandelter mit weniger als 50 Virus-Kopien/ml (91% gegenüber 92%) noch bezüglich nachgewiesener Resistenzen (bei 3% gegenüber 2%). Durchfall und Neuropathien traten seltener auf als in der Kontrollgruppe, Candida-Mykosen häufiger. Bei 6% traten nach dem ersten Absetzen Fieber, Halsschmerzen oder Hautausschläge auf, bei einem Drittel als Folge eines «akuten retroviralen Syndroms» mit starkem Viruszahlanstieg.
Schlussfolgerungen
Durch Therapieunterbrüche konnten Medikamente eingespart und dadurch massiv Kosten verringert werden. Resistenzen traten nicht vermehrt auf. Nebenwirkungen waren hingegen in der Gruppe mit kontinuierlicher Behandlung häufiger.
Zusammengefasst von Anne Witschi
Behandlungsunterbrüche der lebenslangen Einnahme von antiretroviralen Medikamenten zur Kontrolle der HIV-Infektion könnten von mehrfachem Nutzen sein. Befürworter argumentieren, dass Behandlungsunterbrüche, sollte eine funktionierende Anwendungsstrategie entwickelt werden können, die hohen Kosten der täglich eingenommenen antiretroviralen Kombinationstherapie reduzieren und die Medikamententoxizität minimieren würden und möglicherweise die Patientencompliance verbessern wie auch über die Virusexposition eine stärkere Immunantwort provozieren könnten. Gegner argumentieren, dass sich eine Resistenz entwickeln, ein Teil der Immunität verloren gehen und sich ein Fenster auftun könnte für die Entstehung von potentiell schweren und teuren HIV-assoziierten Komplikationen. Im Gegensatz zur viel grösseren SMART-Studie wurden in der aktuellen Staccato-Studie keine grösseren Unterschiede zwischen den Studienarmen beobachtet. Eine höhere CD4-Schwelle (350 Zellen/ μl), bei welcher die Therapie wieder aufgenommen wurde, kann zum Teil die Unterschiede erklären, zum Teil wohl auch die Heterogenität der Behandlungen. Beruhigend wenige Resistenzen wurden in beiden Armen dokumentiert und die CD4-Zellzahlen am Ende der 19-monatigen Studie waren ähnlich. Obwohl ein grosser Unterschied (61%) der Kosten für antiretrovirale Medikamente dokumentiert wurde, fehlen Angaben zu anderen direkten Kosten wie z.B. für Laboruntersuchungen, Hospitalisationen oder ärztliche Aufwendungen. Die Staccato-Studie hält die Frage weiter offen, ob eine sichere Behandlungsunterbruch-Strategie zur breiten Anwendung entwickelt werden kann.
Michael John Gill
Standpunkte und Meinungen
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