Risikoabschätzung bei Neugeborenen
- Zusammenfassung:
- Kommentar: Sergio Fanconi
- infomed screen Jahrgang 10 (2006)
, Nummer 3
Publikationsdatum: 1. März 2006 - PDF-Download dieses Artikels (automatisch generiert)
Aus den Daten der einen Hälfte von 505’011 Gebärenden und deren Babys, von denen 317 an einem plötzlichen Kindstod gestorben waren, versuchten die Studienverantwortlichen Risikofaktoren für einen plötzlichen Kindstod abzuleiten, die eine individuelle Risikoberechnung beim Neugeborenen ermöglichen sollte. Für die Risikoberechnung berücksichtigt wurden mütterliche Eigenschaften wie Alter, Parität, Zivilstand und Rauchen sowie kindliche Daten wie Geburtsgewicht und Geschlecht. Für jeden dieser Faktoren wurden «likelihood ratios» berechnet, die danach für die individuelle Risikoberechnung jedes Neugeborenen je nach Konstellation miteinander multipliziert werden konnten. Das Modell wurde bei der zweiten Hälfte der Kohorte validiert. Bei den 10% mit dem höchsten errechneten Risiko lag das tatsächliche Risiko bei 30 Todesfällen auf 10'000 Kinder (gegenüber 0,7 auf 10'000 bei den 50% mit dem niedrigsten errechneten Risiko).
Alle Zusammenfassungen von Bettina Wortmann
Li und Mitarbeiter bestätigen einmal mehr, dass der plötzliche Kindstod gehäuft im Schlaf beim Liegen auf dem Bauch, auf der Seite, auf weicher Unterlage und bei rauchender Mutter vorkommt. Ebenso bestätigen sie, und dies war der Zweck der Studie, dass ein Schnuller das Risiko eines plötzlichen Kindstodes reduziert. Theoretisch ist der Schnuller-«Effekt» ganz interessant: Kräftigung, Stabilisierung und Freilegung der Atemwege. Allerdings liefert die vorliegende Arbeit keinen Beweis, dass der Schnuller schützt, sondern ist ein zusätzlicher Hinweis in einem Gebiet, in welchem saubere interventionelle Studien sehr schwierig, wenn nicht unmöglich, zu realisieren sind.
In der zweiten Studie wird gezeigt, dass Untergewicht für das Gestationsalter und Frühgeburtlichkeit eindeutig mit einem plötzlichen Kindstod assoziiert sind, und zwar kommt dies gehäuft bei der dem plötzlichen Kindstod vorhergehenden und bei der darauffolgenden Schwangerschaft vor. Anhand von mütterlichen, kindlichen und sozialen Risikofaktoren konnten Smith und Mitarbeiter mit erstaunlicher Zuverlässigkeit das Risiko für einen plötzlichen Kindstod berechnen. Dies ist ein interessanter gesundheitspolitischer Ansatz: Anstatt alle Säuglinge prophylaktisch mit dem Schnuller zu «behandeln», was eine Generation hervorbringen wird, die nicht nur an Plagiozephalie leidet (wegen der Rückenlage), sondern noch zusätzlich Zahnfehlstellungen haben wird, sollten wir vielleicht nur Säuglinge mit eindeutig erhöhtem Risiko für einen plötzlichen Kindstod diesen neuen Problemen aussetzen?
Sergio Fanconi
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