Nitrate bei Lungenödem überlegen
- r -- Cotter R et al. Randomised trial of high-dose isosorbide dinitrate (ISDN) plus low-dose furosemide versus high-dose furosemide plus low-dose isosorbide dinitrate in severe pulmonary oedema. Lancet 1998 (7. Februar); 351: 389-93. [Link]
- Kommentar: Martin Tramèr
- infomed screen Jahrgang 2 (1998)
, Nummer 4
Publikationsdatum: 1. April 1998 - PDF-Download dieses Artikels (automatisch generiert)
Studienziele
Furosemid (z.B. Lasix®) und Nitrate gehören zur Standardtherapie des Lungenödems. Ziel der Arbeit war es, diese beiden Therapieprinzipien beim schweren Lungenödem (O2-Sättigung unter 90%) miteinander zu vergleichen.
Methoden
Bei Aufnahme in die Notfallstationen mehrerer israelischer Spitäler erhielten alle Patienten mit akuter Herzinsuffizienz Sauerstoff und parenteral 3 mg Morphin sowie 40 mg Furosemid. Anschliessend wurde die Gruppe A mit Isosorbiddinitrat (ISDN, z.B. Sorbidilat®), 3 mg parenteral als Bolus alle 5 Min, behandelt. Personen der Gruppe B wurde Furosemid 80 mg als Bolus alle 15 Min parenteral verabreicht sowie eine Infusion mit ISDN 1 mg/h. Alle 10 Min wurde die Dosis um 1 mg/h erhöht. Die Behandlung erfolgte bis zum Anstieg der O2-Sättigung auf über 96% bzw. zum Absinken des mittleren Blutdruckes um 30% oder auf unter 90 mm Hg. Primäre Endpunkte waren die Notwendigkeit zur mechanischen Ventilation, Myokardinfarkt und Tod. Sekundäre Endpunkte waren Herz- und Atemfrequenz sowie O2-Sättigung.
Ergebnisse
Die Vergleichsgruppen A und B bestanden aus je 52 Personen. 64% davon litten an einer Koronarerkrankung. In Gruppe A betrug die mittlere ISDN-Dosis 11,4 mg, die mittlere Furosemid-Dosis 56 mg, in Gruppe B 1,4 mg ISDN und 200 mg Furosemid. Schwere Arrhythmien traten keine auf, eine übermässige Senkung des mittleren Blutdruckes in 10-13%, wodurch die definierten Endpunkte jedoch nicht beeinflusst wurden. Bis auf die Mortalität wurden sämtliche primären und sekundären Endpunkte in der Gruppe A signifikant günstiger beeinflusst. So wurden in Gruppe A 17% Myokardinfarkte registriert gegenüber 37% in Gruppe B (p=0,047). In Gruppe A traten 25% Kombinationen von einem oder mehreren primären Endpunkten auf gegenüber 46% in Gruppe B (p=0,041). Die Mortalität betrug in Gruppe A 2% und war damit gegenüber Gruppe B mit 6% nicht signifikant tiefer.
Schlussfolgerungen
Bei der Behandlung des schweren Lungenödems sind hohe Dosen von parenteral verabreichtem ISDN hohen Dosen von Furosemid überlegen. Mit ISDN wird auch die Inzidenz von Myokardinfarkten wirksamer gesenkt.
Hochdosierte Nitrate wirken nicht nur auf Venolen, sondern auch auf Arteriolen, was die Überlegenheit dieser Therapie erklären mag. Drei Punkte sind überlegenswert:
1. Diese randomisierte Studie wurde zwar nicht doppelblind geführt, aber die primären Endpunkte waren einigermassen dichotom und nicht surrogat. Der Einfluss eines «observer bias» auf das Studienresultat war deshalb wahrscheinlich minimal.
2. Sollte die absolute Risikoreduktion für den Tod in der Nähe der Wahrheit liegen, dann müssten wir rund 25 Patienten mit kardialem Lungenödem mit hochdosierten Nitraten behandeln, damit einer nicht innerhalb von 24 Stunden stirbt, der unter hochdosiertem Furosemid gestorben wäre. Dieses Resultat könnte durchaus klinisch relevant sein und sollte deshalb in grösseren Studien überprüft werden.
3. Die hochdosierte intravenöse Nitratbehandlung ist eine Intensivbehandlung. Die Therapie muss individuell titriert und laufend den hämodynamischen Parametern angepasst werden.
Martin Tramèr
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