Nützen Risiko-Tools und CRP bei akuten Infektionen... bei Kindern?

  • a -- Nijman RG, Vergouwe Y, Thompson M et al. Clinical prediction model to aid emergency doctors managing febrile children at risk of serious bacterial infections: diagnostic study. BMJ 2013 (2. April); 346: f1706 [Link]
  • Zusammenfassung: Peter Ritzmann
  • Kommentar: Peter Ritzmann
  • infomed screen Jahrgang 17 (2013) , Nummer 4
    Publikationsdatum: 20. August 2013
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Kinder mit akuten febrilen Infekten machen einen grossen Teil der Konsultationen im Notfalldienst bzw. auf der Notfallstation aus. Ähnlich wie bei den Erwachsenen gilt es dabei, die vergleichsweise seltenen schweren bakteriellen Infekte unter den häufigen gutartigen viralen Infekten nicht zu verpassen. Klinische Zeichen wie schlechter Allgemeinzustand, hohe Atemfrequenz und Einziehungen durch den Einsatz der Atemhilfsmuskulatur liefern wichtige Hinweise, insbesondere auf das Vorliegen einer Pneumonie. Verschiedene Scores, welche klinische Zeichen standardisiert bewerten, wurden vorgeschlagen, sind aber meistens nicht validiert worden oder wegen ihrer Komplexität kaum praktikabel. In der vorliegenden Studie wurde ein Risikorechner entwickelt, der (vergleichbar dem AGLA-Risikorechner) auf Grund von klinischen Zeichen, dem C-reaktiven Protein (CRP) und der Sauerstoffsättigung für Kinder mit einem akuten febrilen Infekt das Risiko für eine Pneumonie bzw. einen anderen schweren bakteriellen Infekt abschätzen lässt (www.erasmusmc.nl/formulieren_/feverkidstool).  Die Berechnung basiert auf den Daten von mehr als 2'600 Kindern mit Fieber, die auf der Notfallstation zweier niederländischer Kliniken behandelt worden waren. Sie wurde validiert bei einer Gruppe von 487 Kindern einer britischen Notfallstation.

Für das Vorliegen einer Pneumonie sprachen am stärksten eine Sauerstoffsättigung unter 94%, ein erhöhtes CRP, Einziehungen der Brustwand und das Vorliegen einer Tachypnoe. Für das Vorliegen einer schweren bakteriellen Infektion anderer Lokalisierung sprach vor allem ein erhöhtes CRP und weibliches Geschlecht, während andere einzelne Zeichen weniger mit dem Risiko korrelierten. Wenn ein mit dem Modell errechnetes Risiko von 2,5% oder mehr als Kriterium gewählt wurde, wurden 90% der Pneumonien bzw. anderen schweren bakteriellen Infekten richtig erkannt (Sensitivität von 90%) bei einer allerdings niedrigen Spezifität. Bei einem Grenzwert von 10% lag die Sensitivität tiefer, dafür wurden dann Spezifitäten von etwa 85% erreicht. Damit eignet sich ein errechneter Risikowert von weniger als 2,5% eher für den Ausschluss einer schwerwiegenden Infektion, während ein Wert von 10% oder mehr für das Vorliegen einer Pneumonie bzw. einer anderen schweren bakteriellen Infektion spricht.

Zusammengefasst von Peter Ritzmann

Beide Studien verfolgen ein ähnliches Ziel: mit einer standardisierten Gewichtung von klinischen Zeichen soll einerseits die Risikoabschätzung bei respiratorischen Infekten von Erwachsenen bzw. bei febrilen Infekten von Kindern verbessert werden. Andererseits soll der Nutzen von zusätzlichen Laborbestimmungen, insbesondere des CRP-Wertes in solchen Situationen quantifiziert werden. Auch die Resultate stimmen im Wesentlichen überein: bei einer Mehrheit lässt sich anhand der klinischen Zeichen das Vorliegen einer schwerwiegenden Infektion korrekt voraussagen und in beiden Studien verbessert die Bestimmung des CRP-Wertes die Zuordnung nochmals deutlich. Standardisierte Risikobewertungen bei akuten Infektionen haben aber einen grossen Nachteil: bei deren Herleitung wird immer das Häufige den grösseren Einfluss aufweisen und deshalb stärker gewichtet werden. Im Einzelfall ist aber das Seltene, z.B. ein Meningismus oder ein normales CRP bei einem perakut verlaufenden Infekt das Wichtige. Eine Sensitivität von 90% für das Vorliegen einer schwerwiegenden bakteriellen Infektion tönt zwar gut, ist aber vor diesem Hintergrund gerade bei Kindern ungenügend. Die klinische Beurteilung bleibt komplexer als das Abarbeiten eines Risiko-Tools. Letzteres kann allenfalls aus didaktischen Gründen sinnvoll sein.

Peter Ritzmann

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infomed-screen 17 -- No. 4
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Nützen Risiko-Tools und CRP bei akuten Infektionen... bei Kindern? ( 2013)