Weber-B-Fraktur: während drei oder sechs Wochen ruhigstellen?

  • f -- Kortekangas T, Haapasalo H, Flinkkilä T et al. Three week versus six week immobilisation for stable Weber B type ankle fractures: randomised, multicentre, non-inferiority clinical trial. BMJ. 2019 Jan 23;364:k5432 [Link]
  • Zusammenfassung:
  • Kommentar: Urs W. Müller
  • infomed screen Jahrgang 23 (2019) , Nummer 3
    Publikationsdatum: 31. Mai 2019
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Warum diese Studie?

Fibulafrakturen vom Typ Weber B sind die häufigste Form von Sprunggelenkfrakturen. In der Regel erfolgt eine Immobilisation in Gips während 6 Wochen. In dieser finnischen randomisierten Multizenterstudie sollte untersucht werden, ob die Resultate nach einer Behandlung von 3 Wochen (mit einem Gips oder einer Orthese) wirklich schlechter wären.

Was hat man gefunden?

Von 560 Verunfallten mit einer unimalleolären Weber-B-Fraktur erfüllten 272 die Einschlusskriterien; 247 stimmten der Randomisierung zu. Nach dem Zufall erhielten 80 von ihnen eine Orthese, 83 einen Unterschenkelgips für 3 Wochen und 84 einen Gips für 6 Wochen. Die primäre Beurteilung erfolgte anhand des «Olerud-Molander Ankle Score» (OMAS, 0-100 Punkte, wobei eine höhere Punktzahl einem besseren Resultat entspricht). Nach 52 Wochen lag die OMAS-Punkte­zahl in der Orthese-Gruppe bei 89,8 Punkten, für die 3-wöchige Gipstherapie bei 91,7 und für die 6-wöchige Gipstherapie bei 87,6 Punkten. Die zuvor festgelegte Punkte-Differenz für Nicht-Unterlegenheit wurde in beiden Vergleichsgruppen erreicht. Eine tiefe Venenthrombose trat in der Gruppe mit 6 Wochen Gips 5-mal auf, in der Gruppe mit 3 Wochen Gips 3-mal und nie in der Orthese-Gruppe.

Wie wird es gedeutet?

Die Studienverantwortlichen kommen zum Schluss, dass eine 3-wöchige Behandlung einer stabilen Typ-B-Malleolarfraktur (mit Gips oder Orthese) ebenso gute Resultate liefere wie eine 6-wöchige Gips-Immobilisation.

Zusammengefasst von Thomas Koch

Gast-Kommentar

Die Autoren bedienen sich eines interessanten Studiendesigns: "Randomised, pragmatic, non-inferiority, clinical trial with blinded outcome assessment" zur Klärung der Frage, ob eine 3-Wochen-Immobilisation im Vergleich zu einer 6-Wochen-Immobilisation für stabile Weber-B-Frakturen einen Nachteil respektive keinen Unterschied ausmacht. In der Run-in-Phase haben sie 560 Patienten mit einer unimalleolären Weber-B-Fraktur geprüft, ob diese die Einschlusskriterien erfüllen. Die Studienleiter haben 313 Frakturen ausgeschlossen, 198 wegen Instabilität. Interessant dabei ist, dass sie zur Evaluation der Stabilität eine Methode für gehaltene Stressaufnahmen gewählt haben, die bei uns nicht durchgeführt wird, anstatt dieser Stressaufnahme erfolgte die radiologische Abklärung mit stehenden oder Gravitationstress-Aufnahmen. Damit ergibt sich bei der Evaluation für der Stabilität das Problem der Reliabilität. Die restlichen 247 Frakturen wurden randomisiert, im Übersichtsdiagramm wird dann die "included in primary intention-to-treat analysis" zwar erwähnt, einen wirklichen Aufschluss darüber, zu welchem Zeitpunkt dies durchgeführt wird, bleiben die Autoren schuldig. Im Studiendesign zeigt sich dann, dass die Autoren 3 Studienarme randomisierten. Es geht einerseits darum zu evaluieren, ob eine 6-Wochen- oder eine 3-Wochen-Immobilisierung besser ist, in der Untergruppe 3-Wochen-Stabilisierung wurde dann unterschieden zwischen einer Orthese oder einem Gips. De facto handelt es also zur Beantwortung der Frage der Studie um eine 1:2-Randomisierung, somit um ungleiche Gruppen. Interessant ist auch die Interpretation der Grenzwerte für die Anzahl Punkte, um eine Nichtunterlegenheitsmarke festzulegen. Im Test wird von einer Besprechung gesprochen, in dem man sich auf 10% im Olerud-Molander Ankle Score (OMAS) geeignet hatte. Wie es letztlich zu diesem Entschluss kam, bleibt ein Geheimnis der Autoren. Letztlich kommen sie zum Schluss, dass die 3-Wochen- der 6-Wochen-Stabilisierung nicht unterlegen sei. In diesem Zusammenhang bleiben aber die Autoren noch wichtige Antworten schuldig, insbesondere die Kostennutzenanalyse. Es wäre interessant zu wissen, in wie weit resp. wie lange die Arbeitsunfähigkeit und die dadurch entstandenen Kosten zwischen den zwei Gruppen sich unterscheiden. Des Weiteren wird erwähnt, dass es in der Gruppe der 6-Wochen-Gipsbehandlung zu 5 und im Gegensatz zur 3-Wochen-Gipsbehandlung zu 3 Thrombosen gekommen ist. In der Orthesengruppe 3-Wochen-Stabilisierung gab es keine Thrombosen. Es gibt keine Angaben zu den unerwünschte Ereignissen "Thrombose" und möglichen Folgeschäden (postthrombotisches Syndrom mit Folgekosten und Morbidität). Unklar in der Nachbehandlung ist die effektive Belastung in den 3 verschiedenen Ruhigstellungen, offiziell sei eine Belastung erlaubt gewesen, ob wirklich belastet wurde, bleibt unbekannt. Auch ist nichts darüber zu erfahren, welche Thromboembolieprophylaxe angewendet wurde resp. ob überhaupt eine solche verordnet wurde.  Insgesamt interessante Fragestellung der Studie, die sorgfältiger hätte durchgeführt werden müssen. Um Schlüsse für den eigenen Alltag zu ziehen, wäre es angebracht, dass Kliniken selber Studien anstreben, um diesen Fragen gezielt nachzugehen. Insbesondere die Kostennutzenfrage und die sekundär negativen Ereignisse, die ebenfalls Kosten aufwerfen (sekundäre OP, sekundäre Osteotomien, Thrombosen mit Thromboembolien und postthrombotischen Syndromen usw.) müssten in einer exakten Kostennutzenanalyse evaluiert werden. 

Urs W. Müller, Klinik für Orthopädie und Unfallchirurgie, Luzerner Kantonsspital

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Weber-B-Fraktur: während drei oder sechs Wochen ruhigstellen? ( 2019)