Chlamydien an Herzinfarkt unschuldig

  • f -- Danesh J, Whincup P, Walker M et al. Low grade inflammation and coronary heart disease: prospective study and updated meta-analyses. BMJ 2000 (22. Juli); 321: 199-204 [Link]
  • Kommentar: Ferenc Follath
  • infomed screen Jahrgang 4 (2000) , Nummer 8
    Publikationsdatum: 1. September 2000
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Studienziele

Resultate verschiedener Studien liessen vermuten, dass chronische Entzündungen – insbesondere infolge von Infektionen mit Chlamydia pneumoniae oder Helicobacter pylori – die Entwicklung einer koronaren Herzkrankheit (KHK) begünstigen könnten. In den drei vorliegenden britischen Studien wurde diese These erneut evaluiert.

Methoden

Für die erste Studie wurden Blutproben verwendet, die zwischen 1978 bis 1980 Männern im Alter von 40 bis 59 Jahren entnommen worden waren. Das Blut von Männern, die zwischen 1978 und 1995 an einer KHK erkrankten oder starben (n=506) wurde mit dem von 1‘025 herzgesunden Kontrollen verglichen. Vier Entzündungsparameter (C-reaktives Protein, Serumamyloid-A-Protein, Leukozyten und Serumalbumin) sowie die Titer von IgG-Antikörpern gegen Helicobacter pylori und Chlamydia pneumoniae wurden bestimmt.

In der zweiten Studie wurden zwischen 1975 und 1982 gesammelte Blutproben aus einem anderen Kollektiv auf IgG- und IgA-Antikörper gegen Chlamydia untersucht. Das Blut von Männern, welche während der Beobachtungszeit von rund 16 Jahren an einer KHK starben (n=647), wurde mit demjenigen von 1’294 Kontrollpersonen verglichen.

Für die dritte Studie wurden diejenigen 200 Männer mit KHK aus der ersten Studie ausgewählt, welche die höchsten Titer von IgG-Antikörper gegen Chlamydia aufwiesen. Diese wurden mit den Resultaten bei 329 herzgesunden Kontrollpersonen verglichen. Weitere berücksichtigte Faktoren waren u.a. Rauchen, Alkoholkonsum, Zugehörigkeit zu verschiedenen sozialen Klassen. Ergänzend wurden weitere prospektive Studien zur Frage eines Zusammenhangs zwischen einer chronischen Chlamydia-pneumoniae-Infektion und einer KHK einer Metaanalyse unterzogen.

Ergebnisse

Erste Studie: Der Bereich der für eine Entzündung repräsentativen Laborresultate bei den Kontrollpersonen wurde in drei Drittel (niedrig, mittel, hoch) eingeteilt. Männer, deren C-reaktives Protein sich im oberen Drittel befand, hatten im Vergleich zu solchen mit einem Wert im unteren Drittel ein doppelt so hohes Risiko, während der Studiendauer an einer KHK zu erkranken. Dieses Resultat entspricht den Schlussfolgerungen einer ergänzenden, 14 Studien umfassenden Metaanalyse. Für hohe Werte von Serum-Amyloid A fand sich ebenfalls ein signifikant erhöhtes KHK-Risiko. Bei Koronarpatienten waren auch die Leukozytenwerte erhöht, die Albuminwerte reduziert; nach Korrektur für andere Risikofaktoren konnte für diese Entzündungsindikatoren jedoch kein signifikanter Zusammenhang mit der KHK gefunden werden. Die Titer der Helicobacter- und Chlamydia-IgG-Antikörper und die Homocysteinspiegel im Plasma korrelierten nicht mit den verschiedenen Entzündungsindikatoren.

Zweite Studie: Bei Männern, die an KHK starben, unterschieden sich die Titer der IgG- und IgA-Antikörper gegen Chlamydia nicht von denjenigen der Kontrollpersonen.

Dritte Studie: Für die 200 an einer KHK erkrankten oder verstorbenen Männer mit hohen IgG-Antiköpertiter gegen Chlamydia konnte unter der Berücksichtigung des Raucher- und des sozialen Status im Vergleich zu den Kontrollen eine Odds Ratio von 1,22 (95% CI: 0,82-1,82) berechnet werden. Das Resultat stimmt mit demjenigen einer Metaanalyse überein, die ebenfalls keinen Zusammenhang zwischen hohen Antikörpertitern gegen Chlamydia und einer KHK ergab. Zusammenhänge zwischen Antikörpertiter und Plasmalipidkonzentrationen, Blutdruck und Plasma-Homocysteinwerten konnten nicht gefunden werden.

Schlussfolgerungen

Entzündungsprozesse könnten bei der Entstehung einer koronaren Herzkrankheit eine Rolle spielen. Für eine Assoziation einer koronaren Herzkrankheit und einer Infektion mit Helicobacter pylori bzw. mit Chlamydia pneumoniae konnten keine Beweise gefunden werden.(BW)

In der ersten Studie zeigte sich eine signifikante Assoziation zwischen dem koronaren Risiko und erhöhtem CRP. Diese Resultate wurden auch durch eine Metaanalyse von zusätzlichen 13 Studien über CRP gestützt. Die Bedeutung dieser Beobachtung besteht darin, dass man bei Patienten mit atheromatösen Gefässkrankheiten und erhöhtem CRP mit einer höheren Komplikationsrate rechnen muss. Eine intensive Behandlung, vor allem mit Cholesterin-senkenden Statinen, ist in solchen Fällen zu empfehlen.

Die beiden anderen Arbeiten zeigen klar, dass die früher vermutete und gegenwärtig sehr umstrittene Assoziation zwischen erhöhtem Serumtiter gegen Chlamydia pneumoniae und koronaren Todesfällen gegenüber einer vergleichbaren Kontrollgruppe nicht nachgewiesen werden kann. Erhöhte Chlamydientiter sind zwar in 40% der KHK-Patienten, aber auch bei 30% der Kontrollpersonen festgestellt worden. Diese Resultate sind ernüchternd, nachdem viele überzeugt waren, dass die antibiotische Therapie gegen Chlamydien eine neue Behandlung der atheromatösen Gefässkrankheiten darstellen könnte.

Ferenc Follath

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Chlamydien an Herzinfarkt unschuldig ( 2000)