Frühe Thrombose unter der «Pille»: an Gerinnungsstörung denken
- f -- Bloemenkamp KW, Rosendaal FR, Helmerhorst FM et al. Higher risk of venous thrombosis during early use of oral contraceptives in women with inherited clotting defects. Arch Intern Med 2000 (10. Januar); 160: 49-52 [Link]
- Kommentar: Henri Bounameaux
- infomed screen Jahrgang 4 (2000)
, Nummer 2
Publikationsdatum: 1. Februar 2000 - PDF-Download dieses Artikels (automatisch generiert)
Studienziele
In früheren Studien konnte gezeigt werden, dass tiefe Venenthrombosen (TVT) vor allem zu Beginn einer Therapie mit oralen Kontrazeptiva auftreten. In der vorliegenden Studie aus dem holländischen Leiden interessierte die Thromboseinzidenz bei Frauen zu Beginn einer oralen Kontrazeption bzw. bei längerer Pilleneinnahme. Im weiteren wurde untersucht, ob Frauen mit Gerinnungsstörungen auch häufiger Thrombosen erleiden.
Methoden
In dieser Fall-Kontroll-Studie wurden die Daten von 155 Frauen im Alter von 15 bis 49 Jahren, die eine TVT erlitten, ausgewertet (Fälle). Ausgeschlossen wurden Frauen, bei denen die TVT während oder kurz nach einer Schwangerschaft auftraten. Als Kontrollen dienten 169 Frauen ohne TVT, die zur selben Zeit untersucht wurden. Informationen über die Einnahme von oralen Kontrazeptiva wurden einerseits durch Befragen der Teilnehmerinnen und andererseits aus ärztlichen Berichten gewonnen. Frauen mit erstmaliger Einnahme von Kontrazeptiva wurden mit Frauen verglichen, die seit über 1 Jahr Ovulationshemmer einnahmen (Langzeitanwenderinnen).
Ergebnisse
Das Risiko, an einer TVT zu erkranken, war in den ersten 6 bzw. 12 Monaten nach Beginn der Einnahme von oralen Kontrazeptiva am höchsten. In den ersten 6 Monaten einer oralen Kontrazeption war das Risiko einer TVT gegenüber der Langzeitanwendung um das 3fache erhöht (95% CI: 0,6-14,8). Aber auch Langzeitanwenderinnen wiesen gegenüber Frauen ohne Verwendung oraler Kontrazeptiva ein um das 5fache erhöhtes Thromboserisiko auf. Frauen, die sehr bald nach Einnahme der Pille eine Thrombose entwickelten, hatten auch häufiger eine Gerinnungsstörung. Frauen mit Gerinnungsstörungen hatten ein um das 19fache erhöhtes Thromboserisiko in den ersten 6 Monaten und ein um das 11fache erhöhtes Thromboserisiko in den ersten 12 Monaten der oralen Kontrazeption (gegenüber Frauen ohne Gerinnungsstörung).
Schlussfolgerungen
Frauen mit Gerinnungsstörungen entwickeln nicht nur häufiger, sondern auch früher tiefe Venenthrombosen, wenn sie orale Kontrazeptiva einnehmen. Bei Frauen, die sehr rasch nach dem Start der Pilleneinnahme eine Venenthrombose entwickeln, muss an eine vererbte Gerinnungsstörung gedacht werden(TK)
Diese Studie bestätigt einen «Startereffekt» der oralen Kontrazeption: besonders in den ersten 6 Monaten kann bei Frauen mit einer vererbten Thrombophilie eine Thrombose auftreten. Soll man bei Frauen, die während des ersten Jahres einer oralen Kontrazeption ein thromboembolisches Ereignis erleiden, eine genauere Überprüfung des Gerinnungsstatus vornehmen? Praktische Konsequenzen liessen sich kaum daraus ableiten, da diese Frauen auf alle Fälle andere Formen von kontrazeptiven Möglichkeiten in Erwägung ziehen müssen. Unabhängig davon, ob sie tatsächlich eine vererbte Gerinnungsstörung haben, werden sie zudem auf die gleichen präventiven Massnahmen achten müssen.
Henri Bounameaux
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