Hydroxyäthylstärke gefährdet Nierenfunktion
- r -- Schortgen F, Lacherade JC, Bruneel F et al. Effects of hydroxyethylstarch and gelatin on renal function in severe sepsis: a multicentre randomised study. Lancet 2001 (24. März); 357: 911-6 [Link]
- Kommentar: Adrian Frutiger
- infomed screen Jahrgang 5 (2001)
, Nummer 5
Publikationsdatum: 1. Mai 2001 - PDF-Download dieses Artikels (automatisch generiert)
Studienziele
Frisch transplantierte Nieren versagen häufiger, wenn die organspendende Person vor der Organentnahme zur Volumenkorrektur Hydroxyäthylstärke (HES; Elohäst® u.a.) erhalten hat. In dieser Studie wurde untersucht, ob HES auch bei anderen Kranken mit hohem Risiko für ein akutes Nierenversagen zur Verschlechterung der Nierenfunktion führen kann.
Methoden
129 Erwachsene mit Sepsis oder septischem Schock und akutem Volumenbedarf wurden während maximal 4 Tagen entweder mit 6%iger HES-Lösung (Molekulargewicht 200 kDa, maximal 80 ml/kg) oder mit 3%iger Gelatinelösung (Molekulargewicht 35 kDa, ohne Dosislimitierung) behandelt. Die meisten Kranken hatten bei der Randomisierung bereits eine Nierenfunktionsstörung, mehrheitlich vom prärenalen Typ, und rund 70% von ihnen wurden maschinell beatmet. Primärer Endpunkt war ein akutes Nierenversagen, definiert entweder durch eine Verdoppelung des Plasmakreatinins gegenüber dem Ausgangswert oder durch die Notwendigkeit einer Nierenersatztherapie.
Ergebnisse
Ein akutes Nierenversagen nach obiger Definition trat unter HES bei 27 von 65, jedoch unter Gelatine signifikant seltener bei 15 von 64 Kranken auf (p=0,028). Auch der Kreatininspitzenwert war unter HES signifikant höher (225 mmol/l gegenüber 169 mmol/l), und eine Oligurie trat unter HES ebenfalls häufiger auf (in 56% gegenüber 37%). Eine Nierenersatztherapie wurde in beiden Gruppen gleich oft notwendig (HES 13mal, Gelatine 11mal), und auch die Mortalität und die Aufenthaltsdauer in der Intensivstation waren vergleichbar. Das total verabreichte Volumen von HES war etwas geringer als dasjenige von Gelatine. In einer multivariaten statistischen Analyse erwies sich die Gabe von HES als unabhängiger Risikofaktor für die Entwicklung eines Nierenversagens.
Schlussfolgerungen
Durch die Akkumulation von HES in den Geweben und damit auch im Nierengewebe könnte eine osmotische Nephrose entstehen, die die Nierenfunktionsverschlechterung unter HES bewirkt. Die Studienverantwortlichen empfehlen, HES bei Personen mit drohendem akutem Nierenversagen zu meiden und stattdessen nur Kristalloide zu geben.(MH)
Beim septischen Schock fürchtet man ganz besonders das akute Nierenversagen. Aggressive und frühe Volumengabe ist für dessen Prävention wesentlich. Das intravasale Volumen kann am raschesten mit Plasmaexpandern erhöht werden; in der vorliegenden Studie wurden Hydroxyäthylstärke und eine übliche Gelatinelösung verglichen. HES-Gabe leistete klar dem akutem Nierenversagen Vorschub, wie auch immer letzteres definiert wurde. Es ist wohl in dieser Situation fortan zu meiden.
Obschon die Diskussion darüber Jahrzehnte alt ist: Volumenersatz gelingt auch durch Gabe von Kristalloiden (Kochsalz- oder Ringerlaktat-Lösung). Anders als die untersuchten Kolloide enthalten sie keine körperfremden Substanzen und schaden der Niere sicher nicht.
Adrian Frutiger
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