Langfristige Antikoagulation erbringt keinen Vorteil
- r -- Agnelli G, Prandoni P, Santamaria MG et al. Three months versus one year of oral anticoagulant therapy for idiopathic deep venous thrombosis. N Engl J Med 2001 (19. Juli); 345: 165-9 [Link]
- Kommentar: Henri Bounameaux
- infomed screen Jahrgang 5 (2001)
, Nummer 10
Publikationsdatum: 1. Oktober 2001 - PDF-Download dieses Artikels (automatisch generiert)
Studienziele
Nach einer idiopathischen tiefen Venenthrombose ist eine über mehr als 3 Monate dauernde Antikoagulantienbehandlung mit einer geringeren Inzidenz von Thromboserezidiven während der Behandlungsdauer verbunden. Mit dieser offen geführten Studie sollte geklärt werden, ob dieser Nutzen auch bestehen bleibt, wenn dann die Antikoagulation gestoppt wird.
Methoden
Personen, die nach einer erstmaligen idiopathischen proximalen tiefen Venenthrombose 3 Monate mit oralen Antikoagulantien behandelt worden waren, wurden 2 Gruppen zugeteilt: in der ersten Gruppe wurde die Behandlung über weitere 9 Monate weitergeführt, in der zweiten abgesetzt. Nach Beendigung der Antikoagulation erfolgte eine mindestens 2jährige Verlaufskontrolle.
Ergebnisse
Die durchschnittliche Beobachtungszeit betrug in beiden Gruppen über 3 Jahre. Alle thromboembolischen Ereignisse, die man in der Studienperiode zählte, waren idiopathisch, und keines verlief tödlich. In der ersten Gruppe (12monatige Behandlung) trat während der Beobachtungszeit bei 21 von 134 Personen (15,7%) eine erneute Venenthrombose oder eine Lungenembolie auf, darunter bei einer Person unter der Antikoagulantientherapie; die Rezidivhäufigkeit nach Absetzen der Antikoagulation betrug 5,0% pro Personenjahr. In der Vergleichsgruppe (3monatige Behandlung) erlitten 21 von 133 Personen (15,8%) eine Thromboembolie, was einer Rezidivrate von 5,1% pro Personenjahr entspricht. In der ersten Gruppe war die Häufigkeit schwerer Blutungen mit 3,0% doppelt so hoch wie in der zweiten Gruppe.
Schlussfolgerungen
Wird bei Personen mit einer idiopathischen tiefen Venenthrombose die orale Antikoagulation auf ein Jahr verlängert, ergibt sich nach Absetzen der Therapie kein Vorteil gegenüber einer kürzeren Behandlung.(TW)
Die Verantwortlichen dieser Studie kommen zum Schluss, dass eine Verlängerung der Antikoagulation über 3 Monate hinaus auf 12 Monate einfach dazu führt, dass Rezidive aufgeschoben werden; während der verlängerten Antikoagulation erlitten aber 3% der Behandelten eine gefährliche Blutung. Aufgrund des aktuellen Wissenstandes und mangels zuverlässiger Vergleiche zwischen einer 3- bzw. 6monatigen Behandlungsdauer ist es momentan am vernünftigsten, bei einer proximalen idiopathischen tiefen Venenthrombose während 3 bis 6 Monaten zu antikoagulieren (bei erhöhtem Blutungsrisiko eher nur 3 Monate, sonst 6 Monate). Laufende Studien werden zeigen, ob eine Verlängerung der Behandlung über diese Anfangszeit hinaus – mit einem bescheidenen oralen Antikoagulationsziel (z.B. INR von 1,5-2,0) oder mit neueren Antikoagulantien (z.B. einem direkten Antithrombin) – die Rezidivrate senken können, ohne das Blutungsrisiko zu erhöhen.
Henri Bounameaux
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