Radikale Prostatektomie verlängert Leben kaum

  • r -- Holmberg L, Bill-Axelson A, Helgesen F et al. A randomized trial comparing radical prostatectomy with watchful waiting in early prostate cancer. N Engl J Med 2002 (12. September); 347: 781-9 [Link]
  • Kommentar: Jenny Donovan
  • infomed screen Jahrgang 6 (2002) , Nummer 11
    Publikationsdatum: 1. November 2002
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Studienziele

Obwohl ein Nutzen bezüglich Überleben nicht mit randomisierten Studien belegt ist, wird heute häufig eine radikale Prostatektomie durchgeführt, wenn ein Prostatakarzinom auf das Organ begrenzt ist. In der vorliegenden Studie wurde der Nutzen der radikalen Prostatektomie anhand harter Endpunkte untersucht.

Methoden

Von Oktober 1989 bis Februar 1999 nahmen schwedische Urologen 695 Männer mit einem frisch diagnostizierten Prostatakarzinom in die Studie auf. Der Tumor durfte die Organgrenzen nicht überschritten haben (T0d bis T2) und das Tumorgewebe durfte histologisch nicht schlecht differenziert sein. Nach dem Zufall wurden die Teilnehmer einer radikalen Prostatektomie unterzogen oder es wurde vorerst weiter beobachtet ("watchful waiting"). Primärer Endpunkt war der Tod infolge des Prostatakarzinoms, sekundäre Endpunkte waren Gesamtmortalität, metastasenfreies Überleben und lokale Progression. Die Bestimmung der Todesursachen erfolgte ohne Kenntnis der Gruppenzuteilung.

Ergebnisse

Die Beobachtungszeit betrug median 6,2 Jahre. Der primäre Endpunkt (Tod infolge des Karzinoms) trat bei 4,6% der operierten Männer ein, signifikant seltener als in der Kontrollgruppe (8,9%). Dagegen war die Gesamtmortalität war in den beiden Gruppen recht ähnlich: 15% der Operationsgruppe und 18% der Kontrollgruppe starben während der Beobachtungszeit (Unterschied nicht signifikant). Das Risiko für die Entwicklung von Fernmetastasen war in der Interventionsgruppe kleiner (10%), als wenn beobachtend zugewartet wurde (16%).

Schlussfolgerungen

Im Vergleich mit einem abwartenden Vorgehen reduzierte eine radikale Prostatektomie die Mortalität infolge des Prostatakarzinoms signifikant. Bezüglich Gesamtüberleben fand sich jedoch kein signifikanter Unterschied zwischen Operation und beobachtendem Abwarten.

Die Mehrzahl der an dieser Studie beteiligten Männer hatten Harnwegssymptome, hohe PSA-Spiegel (Mittelwert >12 ng/ml) und ein T2-Stadium ihres Tumors, während heute die meisten Patienten ein T1c- Stadium aufweisen, weil ihr Tumor infolge mässig erhöhter PSA-Werte (in der Regel <10 ng/ml) früh entdeckt wird. Für diese Mehrheit von Patienten gibt es noch keine randomisierten Studien, die ihnen die Therapiewahl erleichtern würden. Männer mit der Diagnose eines klinisch umschriebenen Prostatakarzinoms sind deshalb immer noch mit dem Dilemma der Wahl zwischen einer radikalen Behandlung (Operation oder Bestrahlung) und beobachtendem Abwarten konfrontiert. In der vorliegenden Studie reduziert die Operation zwar die Prostatakrebsmortalität, jedoch nicht die Gesamtmortalität; zudem sind nach der Operation Inkontinenz und erektile Dysfunktion häufiger.

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Radikale Prostatektomie verlängert Leben kaum ( 2002)