Homöopathie: mehr als Placeboeffekte?
- Zusammenfassung:
- Kommentar: Martin Tramèr
- infomed screen Jahrgang 9 (2005)
, Nummer 11
Publikationsdatum: 1. November 2005 - PDF-Download dieses Artikels (automatisch generiert)
Studienziele
Die Homöopathie wird häufig angewendet, ihre Wirksamkeit aber kontrovers beurteilt. In der Homöopathie wie in der Schulmedizin können systematische Fehler (Bias) in Studien positive Resultate vortäuschen. Mit der vorliegenden Studie, die im Rahmen des eidgenössischen Programms «Evaluation der Komplementärmedizin» gestartet wurde, wurde versucht, die Wirksamkeit von homöopathischen und konventionellen Interventionen in placebokontrollierten Studien unter Berücksichtigung der möglichen Fehlerquellen miteinander zu vergleichen.
Methoden
In verschiedenen elektronischen Datenbanken, in Zeitschriften und durch persönliche Kontakte wurden placebokontrollierte Studien mit homöopathischen Behandlungen gesucht. Als Kontrollgruppe wurden Studien mit konventionellen Interventionen mit vergleichbaren Studienpopulationen und Endpunkten ausgesucht. Die Studien wurden einer Qualitätsbeurteilung unterzogen, wobei doppelblinde Untersuchungen mit einer adäquaten Randomisierung als qualitativ höher bewertet wurden. Die Resultate wurden jeweils in einer Metaanalyse zusammengefasst, wobei verschiedene Faktoren, welche die Resultate beeinflussen können, untersucht wurden.
Ergebnisse
Es wurden 110 homöopathische Studien gefunden, die den Einschlusskriterien genügten und 110 Kontrollstudien mit konventionellen Interventionen gegenübergestellt. In beiden Gruppen zeigten die kleineren und qualitativ schlechteren Studien grössere Behandlungserfolge als die grösseren und besseren Studien. 21 homöopathische und 9 konventionelle Studien waren von höherer Qualität. Wurden nur die grösseren Studien von höherer Qualität berücksichtigt, ergab sich für die Studien mit homöopathischen Interventionen ein nicht-signifikanter Effekt («odds ratio» 0,88; 95%-CI 0,65-1,19), während die Studien mit konventionellen Interventionen einen signifikanten Effekt zeigten (OR 0,58; 95%- CI 0,39-0,85).
Schlussfolgerungen
Bei den untersuchten Studien mit homöopathischen und auch bei denen mit konventionellen Interventionen fanden sich klare Hinweise auf systematische Fehler, die positive Resultate vortäuschen können. Wenn nur grössere Studien von höherer Qualität berücksichtigt wurden, war die Evidenz für eine spezifische Wirkung der homöopathischen Medikamente schwach, während sie bei vergleichbaren Studien mit konventionellen Interventionen stark blieb. Diese Ergebnisse sind vereinbar mit der Hypothese, dass die klinischen Effekte der Homöopathie Placeboeffekte sind.
Zusammengefasst von Peter Koller
Abgesehen davon, dass Analysen, welche den Nutzen der Homöopathie in Frage stellen, immer provokativ sind und dass sich immer Mitbürgerinnen/Mitbürger finden lassen, welche die Wissenschaftlichkeit solcher Analysen in Frage stellen wollen, bleiben einmal mehr zwei Grunderkenntnisse. Erstens: Um objektiv über den Sinn (und Unsinn) einer medizinischen Intervention urteilen zu können, werden Daten grosser und methodisch einwandfreier, klinischer Studien benötigt. Zweitens: Trotz pseudoethischer Gegenargumente sind placebokontrollierte Studien notwendig. Ohne Placebos wäre die Interpretation der Resultate dieser Homöopathie- Studien ungleich schwieriger (oder sogar unmöglich) gewesen.
Martin Tramèr
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