Endometrium- und Brustkrebsrisiko unter Hormonen
- k -- Beral V, Bull D, Reeves G et al. Endometrial cancer and hormonereplacement therapy in the Million Women Study. Lancet 2005 (30. April); 365: 1543-51 [Link]
- Zusammenfassung: Markus Häusermann
- Kommentar: Etzel Gysling
- infomed screen Jahrgang 9 (2005)
, Nummer 8
Publikationsdatum: 1. August 2005 - PDF-Download dieses Artikels (automatisch generiert)
Studienziele
Eine Östrogensubstitution nach der Menopause erhöht das Risiko eines Endometriumkarzinoms, die gleichzeitige Gestagengabe wirkt dieser Erhöhung entgegen. In dieser prospektiven Kohortenstudie wurden Östrogene allein, Östrogen- Gestagen-Kombinationen und Tibolon (Livial®) verglichen. Dabei wurde auch das Auftreten von Mammakarzinomen mitberücksichtigt.
Methoden
Im Rahmen der «Million Women Study», einer Kohortenstudie über gesundheitliche Auswirkungen einer Hormonsubstitution bei Frauen im Alter von 50 bis 65 Jahren, wurden für diese Auswertung 716'738 Frauen berücksichtigt, die nicht hysterektomiert waren und keinen Krebs in der Vorgeschichte hatten. Bei Studienbeginn und 2 bis 3 Jahre später füllten die Teilnehmerinnen einen Fragebogen über Hormoneinnahme und andere persönliche Faktoren aus. Im Verlauf auftretende Endometrium- und Mammakarzinome wurden zentral erfasst.
Ergebnisse
320'953 Frauen (45%) hatten Hormone eingenommen, und im Verlauf der folgenden durchschnittlich 3,4 Jahre traten insgesamt 1’320 Endometriumkarzinome auf. Im Vergleich zur Gruppe ohne Hormone war das Risiko für ein Endometriumkarzinom unter kontinuierlicher Kombinationstherapie niedriger (relatives Risiko 0,71, 95% CI 0,56-0,90), unter Östrogen kombiniert mit zyklischer Gestageneinnahme etwa gleich. Unter Östrogen allein und unter Tibolon lag das Risiko hingegen signifikant höher (RR von 1,45 bzw. 1,79). Bei adipösen Frauen war die Schutzwirkung der Östrogen- Gestagen-Kombination am ausgeprägtesten. Östrogene allein und Tibolon erhöhten das Risiko am stärksten bei normalgewichtigen Frauen. Unter den Östrogen-Gestagen- Kombinationen traten doppelt so viele und unter Östrogen allein oder Tibolon eineinhalbmal so viele Mammakarzinome auf wie ohne Hormone. Da das Brustkrebsrisiko ein Mehrfaches des Endometriumkarzinoms betrug, war das Krebsrisiko insgesamt unter den Kombinationstherapien stärker erhöht als unter Tibolon und Östrogen allein.
Schlussfolgerungen
Bei einer Östrogensubstitution nach der Menopause schützt die Kombination mit einem Gestagen vor einem Endometriumskarzinom. Dagegen ist das gesamte Krebsrisiko unter dieser Behandlung doppelt so gross wie ohne Hormontherapie, da mehr Mammakarzinome auftreten. Östrogene allein und noch stärker Tibolon erhöhen das Risiko eines Endometriumkarzinoms, steigern aber das Mammakarzinom- Risiko weniger als Östrogen-Gestagen-Kombinationen.
Zusammengefasst von Markus Häusermann
In Bezug auf die Risiken einer Östrogen- oder einer Östrogen-Gestagen-Substitution erfahren wir aus dieser Studie nichts Neues. Auch in den Studien der «Women’s Health Initiative» war das Brustkrebsrisiko höher, wenn nicht nur Östrogene, sondern auch Gestagene verabreicht wurden. Wichtig ist aber die Erkenntnis, dass Tibolon, das synthetische Hormon mit Östrogen-, Gestagen- und Androgen-Eigenschaften, ebenfalls zu einer Zunahme der Mammakarzinome (wie auch der Endometriumkarzinome) führt. Tibolon stellt deshalb offensichtlich keine «gutartige» Alternative zur konventionellen Hormonsubstitution dar.
Etzel Gysling
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