«Praxiserfahrungsstudien» und Marketing
- Zusammenfassung: Markus Häusermann
- Kommentar: Renato L. Galeazzi
- infomed screen Jahrgang 10 (2006)
, Nummer 8
Publikationsdatum: 1. August 2006 - PDF-Download dieses Artikels (automatisch generiert)
Studienziele
Ärztinnen und Ärzte in der Praxis werden häufig von pharmazeutischen Firmen zur Teilnahme an «Praxiserfahrungsstudien» aufgefordert, in denen der Einsatz von Medikamenten in der Praxis untersucht werden soll. Diese Industrie-finanzierten Studien werden in der Regel offen durchgeführt und selten publiziert. In dieser retrospektiven Kohortenstudie wurde untersucht, wie die Teilnahme an einer solchen Studie das Einhalten von offiziellen Behandlungsempfehlungen und das Verschreiben von Präparaten der Sponsorfirma beeinflusst.
Methoden
10 von 175 Grundversorgungs-Praxen in einem dänischen Bezirk hatten mit insgesamt 69 Asthmakranken an einer unpublizierten, offen geführten Studie teilgenommen, in welcher eine fixe Dosis eines Kombinationspräparates von Budesonid und Formoterol (Symbicort®) mit einer symptomadaptierten Behandlung verglichen wurde. Auf Grund der Verschreibungszahlen wurden die Asthmabehandlungen vor und bis zwei Jahre nach Durchführung der Studie in diesen10 Praxen mit den übrigen Praxen, die nicht an der Studie teilgenommen hatten, verglichen.
Ergebnisse
Bezüglich des Anteils der Asthmakranken, welche inhalierbare Kortikosteroide erhielten und den die Studienverantwortlichen als Mass für die Einhaltung der Behandlungsempfehlungen betrachteten, fand sich kein Unterschied: im Beobachtungszeitraum stieg der Anteil sowohl in den Studienpraxen wie auch in den übrigen Praxen von 69% auf 73% an. Hingegen nahm der Marktanteil der Sponsorenfirma an allen Asthmamedikamenten in den Studienpraxen von 53% auf 59% zu, während er in den Kontrollpraxen von 53% auf 52% abnahm. Dieser Unterschied war hoch signifikant. Auch der Marktanteil des inhalierbaren Kortikosteroids der Sponsorfirma stieg stärker an. Besonders stark war der Anstieg des Marktanteils unmittelbar bei Studienbeginn.
Schlussfolgerungen
In hausärztlichen Praxen verbesserte die Teilnahme an einer Industrie-gesponserten «Praxiserfahrungsstudie» nicht die Einhaltung von Therapierichtlinien, sondern den Marktanteil der Präparate der Sponsorfirma.
Zusammengefasst von Markus Häusermann
Phase-IV-Studien werden oft als Marketinginstrumente angesehen, obwohl sie für die «post marketing surveillance » von grosser Bedeutung sein könnten. Auch hier wurde gefunden, dass das Mitmachen an einer solchen Studie die Verschreibungsfreudigkeit für das untersuchte Medikament sichtlich steigert. Die Veröffentlichung der Resultate scheint in solchen Fällen nicht im Vordergrund zu stehen. Die als Beispiel genommene Studie wurde nie publiziert. Dass gleichzeitig Richtlinien aus Guidelines vermehrt befolgt wurden (was als Qualitätsverbesserung angesehen wird!), erstaunt nicht, sind doch jeweils die gleichen Personen Studienverantwortliche, Prüfer, Opinion Leaders, Berater der Firmen in «Advisory Boards», Mitherausgeber von Journals und eben Mitglieder der Gremien, welche Guidelines redigieren. Und überall sind meist Firmen finanziell beteiligt. Auch die Unterstützung von Guidelines gehört eben zum Marketing.
Renato L. Galeazzi
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