ACE-Hemmer bei fortgeschrittener Niereninsuffizienz?
- Zusammenfassung: Sven Trelle
- Kommentar: Felix Frey
- infomed screen Jahrgang 10 (2006)
, Nummer 4
Publikationsdatum: 1. April 2006 - PDF-Download dieses Artikels (automatisch generiert)
Studienziele
ACE-Hemmer werden bei Personen mit fortgeschrittener Niereninsuffizienz wegen einer möglichen Erhöhung des Kreatinin- und des Kaliumwerts zurückhaltend eingesetzt. In der vorliegenden Studie aus China wurden der Nutzen und die Sicherheit von Benazepril (Cibacen®) bei Personen mit fortgeschrittener Niereninsuffizienz untersucht.
Methoden
In die Studie wurden insgesamt 422 Personen mit chronischer, nicht-diabetischer Niereninsuffizienz und einem Kreatininwert zwischen 133 und 442 μmol/l (1,5 und 5,0 mg/dl) aufgenommen. Ausgeschlossen wurden Personen, die während eines Behandlungsversuchs Nebenwirkungen erlitten hatten. Alle Personen mit einem Kreatininwert bis 265 μmol/l erhielten 20 mg Benazepril täglich; Personen mit einem Kreatininwert zwischen 266 und 442 μmol/l wurden hingegen nach dem Zufallsprinzip entweder mit Placebo oder Benazepril (20 mg/Tag) behandelt. Andere Antihypertensiva waren erlaubt. Als Endpunkt diente ein Behandlungsversagen, definiert als eine Verdopplung des Kreatininwerts, ein Voranschreiten der Erkrankung bis zur Langzeit-Dialyse oder Nierentransplantation oder Tod.
Ergebnisse
Von den 422 initial behandelten Personen wurden 94 wegen Nebenwirkungen in der Vorphase aus der Studie ausgeschlossen. Es verblieben 328 Personen: 104 hatten Kreatininwerte bis 265 μmol/l; von den Personen mit höheren Kreatininwerten erhielten je 112 Placebo bzw. Benazepril. In der Benazeprilgruppe wurde nach rund drei Jahren signifikant seltener ein Behandlungsversagen diagnostiziert als in der Placebogruppe (41% gegenüber 60%). Der Blutdruck war in den beiden Gruppen vergleichbar, und schwere Nebenwirkungen traten ähnlich häufig auf. Personen mit einem initial niedrigeren Kreatininwert hatten mit 22% Behandlungsversagen eine deutlich bessere Prognose als diejenigen mit einem höheren Ausgangswert.
Schlussfolgerungen
Benazepril reduziert das Fortschreiten einer fortgeschrittenen nicht-diabetischen Niereninsuffizienz.
Zusammengefasst von Sven Trelle
Angiotensin II verursacht eine postglomeruläre Vasokonstriktion. Als Folge davon nimmt der Filtrationsdruck in den Glomerula zu. Zudem ist Angiotensin II ein Mitogen, das die Proliferation von Gefässzellen zumindest in vitro stimuliert und deshalb die Durchblutung der Niere verschlechtert. Diese Modellvorstellungen haben ein klinisches Korrelat. Wird die Angiotensin- II-Produktion durch ACE-Hemmer blockiert, so sinkt der Blutdruck, und der renoprotektive Effekt nimmt überproportional zur Blutdrucksenkung zu. Dieser Effekt wurde bei Personen mit leicht eingeschränkter Nierenfunktion gezeigt. In der vorliegenden Studie wurde nun diese Beobachtung erweitert und es zeigt sich, dass die ACE-Hemmer-Therapie für Personen mit stärker eingeschränkter Nierenfunktion von Vorteil ist, wenn ein kombinierter therapeutischer Endpunkt (Anteil von Personen, die gestorben sind oder dialysepflichtig wurden oder eine Verdoppelung der Serumkreatininkonzentration aufwiesen) als primäres Therapieziel definiert wird. Dies ist ein fragliches Therapieziel; denn es wurden 3 unterschiedlich zu gewichtende Endpunkte vermischt; Angaben zu den prozentualen Anteilen der drei 3 Therapieziele fehlen, sodass unklar bleibt, ob diese Therapie bei Personen mit fortgeschrittener Nierenfunktionseinschränkung empfehlenswert ist. Bei einem Viertel der Personen unter ACE-Hemmer musste das Medikament bereits in der Vorphase wegen Nebenwirkungen abgesetzt werden. Die Hauptgefahr der ACE-Hemmer-Therapie ist die Abnahme der glomerulären Filtrationsrate wegen Aufheben des postglomerulären Widerstandes und die Hyperkaliämie als Folge der Verminderung der Angiotensin- II-vermittelten Aldosteronsekretion. Deshalb ist es unabdingbar, dass Personen, die trotz fortgeschrittener Nierenfunktion einen ACE-Hemmer erhalten, engmaschig überwacht werden bezüglich Kalium- und Kreatininkonzentration im Serum. Dies ist zu Beginn intensiv durchzuführen, initial zum Beispiel wöchentlich, dann einmal pro Monat, aber vor allem immer dann, wenn andere Faktoren ins Spiel kommen, welche die Nierenfunktion potentiell beeinträchtigen, wie Durchfall, Erbrechen, Kontrastmittel, nicht-steroidale Entzündungshemmer, Operationen oder Infektionen.
Felix Frey
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