Nephroprotektion vornehmlich Folge der Blutdrucksenkung
- Zusammenfassung:
- Kommentar: Jérôme Biollaz
- infomed screen Jahrgang 10 (2006)
, Nummer 3
Publikationsdatum: 1. März 2006 - PDF-Download dieses Artikels (automatisch generiert)
Studienziele
Nationale und internationale Guidelines empfehlen bei Personen mit einer Nephropathie als Antihypertensiva der ersten Wahl Hemmer des Renin-Angiotensin-Systems, d.h. ACE-Hemmer oder Angiotensin-Rezeptorblocker (Sartane). Postuliert wird eine über die blutdrucksenkende Wirkung hinausgehende nephroprotektive Wirkung. In dieser systematischen Übersicht wird untersucht, wie gut eine solche nephroprotektive Wirkung von ACE-Hemmern und Sartanen dokumentiert ist.
Methoden
Drei elektronische Datenbanken (Medline, Embase und die Cochrane Library) wurden nach randomisierten und kontrollierten Studien durchsucht, in welchen der Einfluss von Antihypertensiva auf das Fortschreiten einer Nierenerkrankung untersucht wurde. Als primäre Endpunkte wurden eine Verdoppelung des Kreatinins oder eine terminale Niereninsuffizienz betrachtet, als sekundäre die glomeruläre Filtrationsrate, das Serumkreatinin und die Albuminausscheidung.
Ergebnisse
Es wurden 127 verwertbare Studien mit 150 Untersuchungen gefunden. Die mittlere Beobachtungsdauer betrug 4,2 Jahre. In 99 Studiengruppen waren Diabeteskranke, in 36 Gruppen Personen mit nicht-diabetischer Nephropathie untersucht worden; die Gesamtzahl der Untersuchten betrug 75’514. In den Studiengruppen, in denen ein ACE-Hemmer oder ein Sartan mit einem andern Antihypertensivum verglichen wurde, fand sich ein grenzwertig signifikanter Vorteil für eine Verdoppelung des Kreatinins (relatives Risiko von 0,71; 95% CI 0,49-1,04) und für ein terminales Nierenversagen (RR 0,87; 95% CI 0,75-0,99). In grossen Studien war der Vorteil der Renin-Angiotensin-Hemmer kleiner als in kleinen Studien, was insgesamt für einen nur kleinen Vorteil spricht. Bei Personen mit diabetischer Nephropathie ergaben sich keine Unterschiede zwischen den Renin-Angiotensin-Hemmern und den andern Antihypertensiva in Bezug auf den Verlauf der Nierenerkrankung. Vergleichsstudien mit Placebo zeigten einen grösseren Nutzen, dabei lagen aber die Blutdruckwerte jeweils deutlich tiefer als in den Placebogruppen.
Schlussfolgerung
Die nephroprotektive Wirkung der ACE-Hemmer und der Angiotensin-Rezeptorblocker in placebokontrollierten Studien ist wahrscheinlich auf ihre blutdrucksenkende Wirkung zurückzuführen. Bei Diabeteskranken ist eine nephroprotektive Wirkung, die über die blutdrucksenkende Wirkung hinausginge, nicht bewiesen und es ist unsicher, ob eine solche Wirkung bei nicht-diabetischen Nierenkrankheiten wirklich besteht.
Zusammengefasst von Peter Koller
Das Konzept einer Nephroprotektion durch Hemmung des Renin-Angiotensin-Systems beruht auf der Tatsache, dass bei experimenteller Hypertonie der intraglomeruläre Druck erhöht ist und dass dieser durch ACEHemmer gesenkt werden kann. Klinische Beobachtungen bestätigten sodann, dass dieses Konzept auch beim Menschen angewandt werden kann. Es hat sich in angesehenen Fachzeitschriften so sehr durchgesetzt, dass es als Sakrileg gilt, an diesem Prinzip zu zweifeln. Die Reaktionen des «Zirkels der Gläubigen» auf diese systematische Übersicht und Meta-Analyse werden ohne Zweifel lebhaft ausfallen. Aber die Studienverantwortlichen sollten nicht als überkritisch und irrational eingeschätzt werden. Ihre Botschaft ist klar und ihre Schlussfolgerungen beruhen auf Tatsachen (auch wenn sie nicht übereinstimmen mit der bisherigen Interpretation): was bei einer Hypertonie wichtig ist zu erreichen – auch bei Diabeteskranken –, ist eine gute Blutdruckkontrolle! Die Mittel, dies zu erreichen, sind zweitrangig.
Jérôme Biollaz
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