Plötzlicher Kindstod und EKGVeränderungen
- r -- Schwartz PJ, Stramba-Badiale M, Segantini A et al. Prolongation of the QT interval and the sudden infant death syndrome. N Engl J Med 1998 (11. Juni); 338: 1709-14 [Link]
- Kommentar: Martin Sutter
- infomed screen Jahrgang 2 (1998)
, Nummer 7
Publikationsdatum: 1. August 1998 - PDF-Download dieses Artikels (automatisch generiert)
Studienziele
Obwohl heute die Bauchlage des Säuglings als Risiko erkannt ist, sind die Ursachen des plötzlichen Kindstodes – sudden infant death syndrome (SIDS) – nicht völlig geklärt. In der vorliegenden Studie wurde untersucht, ob eine Verlängerung der QT-Zeit im EKG für lebensbedrohliche Rhythmusstörungen und damit für den plötzlichen Kindstod verantwortlich sein könnte.
Methoden
Die Studie wurde zwischen Oktober 1976 und Dezember 1994 in neun italienischen Geburtskliniken durchgeführt. Bei 34'442 gesunden Säuglingen wurde am dritten oder vierten Lebenstag ein EKG abgeleitet. Dieses EKG wurde nachträglich ausgewertet, wenn ein Kind innerhalb des ersten Lebensjahres an einem plötzlichen Kindstod starb. Als Kontrollen wurden die EKG von 9725 zufällig ausgewählten Kindern analysiert.
Ergebnisse
24 Säuglinge (15 Knaben, 9 Mädchen) starben innerhalb ihres ersten Lebensjahres an einem plötzlichen Kindstod, entsprechend der erwarteten Inzidenz von 0,7 auf 1000. In dieser Gruppe betrug die mittlere QT-Zeit 435±45 ms; das EKG von 12 der 24 Säuglinge zeigte eine QT-Zeit von mehr als 440 ms. Im Vergleich mit den EKG von 10 an anderen Ursachen verstorbenen Kindern und der zufällig ausgewählten Gruppe von Überlebenden war ihre mittlere QT-Zeit statistisch signifikant verlängert. Das absolute Risiko für den plötzlichen Kindstod bei unauffälliger QT-Zeit betrug 0,04%. Bei verlängertem QT-Intervall wurde ein Risiko von 1,5% berechnet, das heisst die Wahrscheinlichkeit eines plötzlichen Kindstodes war um rund das 41fache erhöht.
Schlussfolgerungen
Eine verlängerte QT-Zeit im EKG von Neugeborenen ist mit einem erhöhten Risiko des plötzlichen Kindstodes verknüpft.
Der Zusammenhang zwischen langem QT-Intervall und SIDS wird seit Jahrzehnten diskutiert. Die Analyse von 33'034 EKG über 18 Jahre ist bewunderungswürdig. Die Resultate zeigen, dass ein langes QT-Intervall für einen Teil der an SIDS verstorbenen Kinder einen Risikofaktor darstellt. Wie bei allen bekannten Risikofaktoren (Bauchlage, Rauchen, Überwärmung, Nicht- Stillen) gibt es auch hier Kinder, die ohne diesen Risikofaktor sterben. Andererseits ist die «Odds Ratio» so hoch, dass es gerechtfertigt ist, ein EKG mindestens bei Risikokindern durchzuführen, auch wenn die Konsequenzen diskutiert werden müssen (Betablocker). Als nicht-invasive Massnahme wäre allenfalls ein «Home- Monitoring» mit Reanimations-Instruktionen der Eltern indiziert. Für die routinemässige Durchführung eines EKG bei allen Neugeborenen fehlen entsprechende Kosten-Nutzen-Analysen.
Martin Sutter
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